Innenpolitik

Oberstes Gericht lässt falsches Glawischnig-Zitat als Satire gelten

Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig auf einem Archivbild.
© APA/AFP

Ein Mann hatte ein nachweislich falsche Zitat der Grünen-Chefin verbreitet. Der Oberste Gerichtshof ließ den Beitrag als Satire durchgehen.

Wien – Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein falsches Zitat, das der Grünen-Chefin Eva Glawischnig unterstellt worden ist, als Satire gelten lassen. Es ging dabei um die angebliche Aussage, dass Asylwerber „auf Mädchen losgehen“ dürften. Glawischnigs Anwältin Maria Windhager übte am Montag Kritik an dem Urteil. Es sei im Kampf gegen Falschnachrichten im Internet problematisch, sagte sie zur APA.

Ein Mann hatte ein Bild von Glawischnig gepostet und mit folgendem – nachweislich falschen – Zitat versehen: „Schutzsuchende müssen das Recht haben, auf Mädchen loszugehen! Alles andere wäre rassistisch Flüchtlingen gegenüber.“ Dazu schrieb der Poster noch: „Ihr kann diese Aussage zugetraut werden.“

Das Landesgericht Graz wertete das Posting als zulässige Kritik an der grünen Politik in der Flüchtlingskrise. Auch das Oberlandesgericht Graz bestätigte die Entscheidung. Daraufhin legte die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ein. Damit sollen mögliche Fehler in der Judikatur richtiggestellt werden. Der OGH bestätigte aber die Entscheidungen der Vorinstanzen und bemängelte lediglich, dass der ersten Instanz allein das Üben von politischer Kritik für den Freispruch genügt hätte.

Für Satire gelte Meinungs- und Kunstfreiheit

Damit, dass eine „satirische Darstellungsform“ angenommen wurde, hatte der OGH (15 Os 130/16f) kein grundsätzliches Problem. Er plädierte – wie auch die „Presse“ am Montag berichtete – für eine weite Interpretation des Begriffs.

Zwar sei „die – von der Generalprokuratur angesprochene – Verfremdung der Realität durch Verzerrung oder Übertreibung der Wirklichkeit ein charakteristisches, aber nicht das einzige Stilmittel der Satire“. Denn diese bediene sich zum Beispiel „auch der Entstellung, Travestie, Bloßstellung, Kontrastierung der Wirklichkeit, der Gegenüberstellung oder der Darstellung des Gegenteils“ und entziehe sich „solcherart einer abschließenden Definition“. Für Satire gilt sowohl die Meinungs- als auch die Kunstfreiheit.

Laut OGH hat die zweite Instanz, das Oberlandesgericht Graz, auch richtigerweise darauf abgestellt, wie ein Durchschnittsleser das Posting verstehen würde. Auch seien bei der Urteilsfindung die politischen Positionen Glawischnigs, deren Partei „dem Schutz von Flüchtlingen großes Augenmerk widme und eine ,diesbezügliche Obergrenze‘ ablehne“, berücksichtigt worden.

Glawischnig-Anwältin: Zitat wurde geglaubt

Mit der liberalen Haltung der Grünen in der Flüchtlingsfrage ein falsches Zitat zu erlauben, ist für Windhager nicht nachvollziehbar. Auch habe der OGH nicht die Funktionsweise von Sozialen Netzwerken berücksichtigt, kritisierte sie. Vom Durchschnittsempfänger sei das falsche Zitat sehr wohl geglaubt und auch so weitergegeben worden. Die Entscheidung der Höchstrichter sei daher ein falsches Signal im Kampf gegen Fake News. Aus Sicht der Anwältin ist es hier eindeutig um „Dirty Campaigning“, nicht um Satire, gegangen.

Zivilrechtlich ist der Fall bereits seit einiger Zeit abgeschlossen. Der Poster wurde in der ersten Instanz rechtskräftig verurteilt, er trug die Prozesskosten, zahlte eine Entschädigung und gab eine Unterlassungserklärung ab, nachdem der OGH eine einstweilige Verfügung verhängt hatte. (APA)