Eine sechsköpfige Familie mit markanten Gesichtern
Ein architektonischer Lückenfüller, der es in sich hat: Johannes Wiesfleckers und Michael Kritzingers Wohnanlage f49 in der Höttinger Au.
Von Edith Schlocker
Innsbruck –Dass eine größere Wohnanlage mehr sein kann als die Aneinanderreihung von beliebig vielen fantasielosen Schachteln, führen Johannes Wiesflecker und Michael Kritzinger in der Wohnanlage f49 eindrucksvoll vor. Ist es ihnen hier doch gelungen, im Spiel mit Gebautem und dem Dazwischen reizvoll urbanes Flair zu erzeugen. Weshalb es nicht verwundert, dass das Architektenduo mit seinem Entwurf seine neun Konkurrenten bei dem von den beiden Bauträgern ausgelobten Wettbewerb aus dem Rennen geworfen hat.
Wo auf einem 4800 Quadratmeter großen, schmalen, z-förmigen Grundstück heute sechs Häuser mit 114 Wohnungen von der Garçonniere bis zur 100-Quadratmeter-Maisonette stehen, war früher eine Tankstelle. Flankiert von typischen Wohnbebauungen aus den 60er- und 70er-Jahren, an deren Feuermauern f49 teilweise angedockt hat. Die Idee des Ortes sollte erhalten, fantasievoll weitergedacht werden, sagt Architekt Johannes Wiesflecker. Ausformuliert zu einem reizvollen Verschnitt aus Blockrand- und Zeilenbebauung mit einem neungeschoßigen „Turm“ als fabelhaftem Herzstück.
Das zu gestalten sich Johannes Wiesflecker vorbehalten hat. Sind hier doch sämtliche architektonische Versatzstücke versammelt, die in Variationen in den fünf weiteren Gebäuden auftauchen. Ein gestalterischer Trick, der der Wohnanlage Lebendigkeit einhaucht, sie zu einem Stück Stadt macht, das fast wie gewachsen daherkommt.
In ihren Grundrissen und Kubaturen sind alle Häuser anders. Der Riegel, der sich vom Fürstenweg nach hinten schiebt, ist extrem lang und genauso schmal wie jener, allerdings wesentlich kürzere, der die Wohnanlage zur Ampfererstraße hin abschließt. Ihre Wohnungen werden durch Laubengänge erschlossen, jene in den vier weiteren Häusern durch gläsern eingehauste Stiegenhäuser, die jeweils zwei der Einheiten verbinden.
Durch die Art, wie die sechs unterschiedlich großen und hohen Häuser gegeneinander verschoben sind, entstehen reizvolle Durch- und Einblicke, die sich oft zu Schlitzen verengen, ohne klaustrophobische Gefühle zu suggerieren. Sondern ganz im Gegenteil so etwas wie die urbane Geborgenheit verkehrsfrei gemachter Altstädte suggerieren. Denn auch in der Wohnanlage f49 sind die Autos unter die Erde verbannt, die Wege und kleinen Grünflächen zwischen den Häusern gehören allein spielenden Kindern, Fußgängern und Radfahrern bzw. den Besitzern der kleinen Vorgärten in den Erdgeschoßzonen.
Jedes der sechs Häuser hat ein anderes Gesicht; dass sie aber aus derselben Familie stammen, ist unübersehbar. Ihre Haut aus einem markant strukturierten hellen Putz ist einheitlich, die Balkone kommen einmal wie aus der Fassade gezogene, gegeneinander verschobene Schubladen daher, dann wieder wie durchgehende Bänder. Ihre Brüstungen bestehen aus performiertem dunklem Metall oder Betonelementen mit attraktivem Lochmuster.
Runde Fenster bzw. Lichtlöcher haben es Johannes Wiesflecker offensichtlich angetan, der besonders in seinem Turm ein reizvolle Spiel mit Fenstern der unterschiedlichsten Größe und Art vorführt. Um andererseits mit ganz wenigen puren Materialien auszukommen. Auch innen, wo Sichtbeton und das dunkle Metall der Stiegenbrüstungen dominieren, reizvoll beleuchtet durch zarte Lichtbänder. Ein eigenes Licht hat auch jede der raumhohen Eingangstüren zu den Wohnungen. Sie sind genauso wie die Türen und Böden der Wohnungen aus Eiche.