Streit über Europa in TV-Debatte vor französischer Präsidentenwahl

Paris (APA/AFP/dpa) - Die französischen Präsidentschaftskandidaten haben bei ihrer zweiten TV-Debatte heftig über Europa und den Euro gestri...

Paris (APA/AFP/dpa) - Die französischen Präsidentschaftskandidaten haben bei ihrer zweiten TV-Debatte heftig über Europa und den Euro gestritten. So griff der parteilose Mitte-Kandidat Emmanuel Macron am Dienstagabend die Rechtspopulistin Marine Le Pen für ihre Pläne an, die EU zu verlassen und zu einer nationalen Währung zurückzukehren. Le Pen wolle einen „Wirtschaftskrieg“ anzetteln, warnte Macron.

Die Front-National-Chefin warb erneut für ein Referendum über einen Austritt aus der EU, damit Frankreich zu alter Stärke zurückfinde. „Was Sie vorschlagen, ist der Nationalismus“, sagte Macron dazu. „Nationalismus bedeutet Krieg.“ Le Pen tat diesen Einwand als „mindestens 50 Jahre alten Hut“ ab.

Der Pro-Europäer warf der Rechtspopulistin zudem vor, mit ihren Vorschlägen für einen Austritt aus der Eurozone und für Protektionismus einen „Wirtschaftskrieg“ anzuzetteln. Außerdem würde eine Abkehr vom Euro die Kaufkraft der Franzosen senken.

Neben Le Pen vertrat eine Reihe anderer Kandidaten sehr europakritische Positionen, unter ihnen der Rechtspolitiker Nicolas Dupont-Aignan, der die EU-Regeln zu Leiharbeitern abschaffen will. Der Rechtsnationalist Francois Asselineau forderte die „Unabhängigkeit Frankreichs“ und einen „Frexit“ ohne vorgeschaltetes Referendum.

Linkspartei-Gründer Jean-Luc Melenchon warb erneut dafür, die EU-Verträge neu zu verhandeln oder aufzukündigen. Der Sozialist Benoit Hamon warf ihm aber vor, keine „Lösungen“ für eine Reform Europas vorzuschlagen. Hamon zeigte sich kritisch zur „Austeritätspolitik Deutschlands“, äußerte aber die Hoffnung auf einen vom SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz durchgeführten Kurswechsel.

Dagegen verteidigte der Konservative Francois Fillon Frankreichs Platz in Europa. „Wir brauchen Europa, um uns zu beschützen“, sagte Fillon. Die EU müsse sich aber auf bestimmte strategische Ziele konzentrieren. Der Euro müsse so stark werden, dass er längerfristig die weltweite Vorherrschaft des US-Dollar brechen könne.

Bei der in den Nachrichtensendern BFMTV und CNews übertragenen TV-Debatte standen am Dienstagabend auch die Themen Arbeitsmarkt, Sicherheit und Moral in der Politik auf dem Programm. Dabei wurde auch über die Scheinbeschäftigungsaffären um den konservativen Kandidaten Francois Fillon und FN-Chefin Le Pen gesprochen.

An der Mammut-Diskussionsrunde nahmen alle elf Präsidentschaftskandidaten teil - ein Novum in Frankreich. Bei der ersten Fernsehdebatte für die diesjährige Präsidentschaftswahl waren vor zwei Wochen nur die fünf wichtigsten Kandidaten eingeladen worden, sehr zum Verdruss der anderen Bewerber.

Umfragen sagen derzeit für die erste Wahlrunde am 23. April ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Macron und Marine Le Pen voraus. Beide würden es damit in die Stichwahl vom 7. Mai schaffen, wo Macron dann klarer Favorit wäre.

An dritter Stelle steht derzeit der Konservative Fillon, gefolgt von dem in Umfragen zulegenden Melenchon und Hamon. Die anderen Kandidaten liegen in Umfragen allesamt unter fünf Prozent: der Rechtspolitiker Dupont-Aignan, Nathalie Arthaud von Lutte Ouvrière (Arbeiterkampf), Philippe Poutou von der Neuen Antikapitalistischen Partei, der zentrumsliberale Abgeordnete Jean Lassalle, der Unabhängige Jacques Cheminade und der Rechtsnationalist Asselineau.

Für sie war die TV-Debatte am Dienstagabend eine Möglichkeit, einem größeren Publikum bekannt zu werden. Mehr als zehn Millionen Menschen hatten die erste Fernsehdebatte vom 20. März verfolgt. Die TV-Debatten - eine dritte ist für den 20. April geplant - sind auch deswegen für die Kandidaten wichtig, weil viele Franzosen noch nicht entschieden haben, wem sie bei der Wahl ihre Stimme geben werden.

(NEU: Zitate zu Europa und zum Euro, weitere Debattenthemen)