Dramatische Machtprobe im US-Senat
Washington (APA/AFP) - In der Auseinandersetzung um seinen Kandidaten für das Oberste Gericht steht US-Präsident Donald Trump vor einer dram...
Washington (APA/AFP) - In der Auseinandersetzung um seinen Kandidaten für das Oberste Gericht steht US-Präsident Donald Trump vor einer dramatischen Machtprobe mit der Opposition. Die Demokraten wollen die Beförderung des erzkonservativen Juristen Neil Gorsuch bei den Abstimmungen am Donnerstag und Freitag im Senat verhindern. Ohne grünes Licht der Kongresskammer kann Gorsuch den Posten nicht antreten.
WARUM IST DER POSTEN SO WICHTIG?
Der Supreme Court ist eine der mächtigsten Institutionen des Landes. Bei dem Gericht landen viele Streitfragen, für welche die Politik keine Lösung findet, von der Einwanderung über die Todesstrafe bis zum Waffenbesitz.
Da die Richter auf Lebenszeit ernannt werden, können Neubesetzungen den Kurs des Gerichts langfristig prägen. Die weltanschauliche Grundausrichtung der Richter ist erwiesenermaßen ein wichtiger Faktor in den Entscheidungen des Gerichts.
Seit dem Tod des konservativen Richters Antonin Scalia im Februar 2016 ist einer der neun Posten im Richterkollegium unbesetzt. Die Folge ist ein Patt zwischen vier konservativen und vier linksliberalen Richtern.
Die vakante Stelle erneut mit einem Konservativen zu besetzen, war eines von Trumps wichtigsten Wahlkampfversprechen. In dem 49-jährigen Gorsuch hat er einen relativ jungen Kandidaten nominiert, der dem Gericht jahrzehntelang angehören könnte.
WARUM IST TRUMPS KANDIDAT SO UMSTRITTEN?
Dass der Bundesberufungsrichter die fachlichen Qualifikationen mitbringt, ist unbestritten. Neben Gorsuchs konservativer Weltsicht ist es aber auch die Vorgeschichte der Personalie, die den Widerstand der Demokraten anheizt.
Denn nach dem Tod Scalias hatten die Republikaner dem von Präsident Barack Obama ernannten Nachfolgekandidaten Merrick Garland die Senatsanhörung verweigert. Damit gelang es ihnen, die Richterbesetzung bis nach der November-Wahl hinauszuzögern, um dann vom neuen Präsidenten einen Kandidaten nach ihrem Gusto präsentiert zu bekommen.
WIE WOLLEN DIE DEMOKRATEN GORSUCH STOPPEN?
Mit dem Filibuster. Dies ist eine Endlosdebatte, mit der sich ein Votum hinauszögern und letztlich verhindern lässt. Ursprünglich besteht der Filibuster aus Marathonreden - im konkreten Fall begann der Demokrat Jeff Merkley am Dienstag mit einer solchen Dauerrede gegen Gorsuch, die am Mittwoch andauerte.
Allerdings sind solche Redeschwälle gar nicht mehr nötig: Seit einer Regeländerung vor einigen Jahren genügt zur Blockade der Entscheidung schon die bloße Androhung des Filibuster.
Um den Filibuster per Verfahrensabstimmung zu beenden, werden 60 der 100 Stimmen im Senat gebraucht. Die Republikaner haben 52 Sitze.
WIE WOLLEN DIE REPUBLIKANER DEN TRUMP-KANDIDATEN DURCHSETZEN?
Mit der „nuklearen Option“. Dies ist die Abschaffung des Filibuster bei Besetzungen am Obersten Gericht. Für diese Verfahrensreform wird nur die einfache Mehrheit von 51 Stimmen benötigt.
Die dramatische Bezeichnung wurde ursprünglich gewählt, weil die „nukleare Option“ die Traditionen des Senats untergräbt. Dort gibt es insbesondere bei Personalentscheidungen eine ausgeprägte Kultur des parteiübergreifenden Konsenses.
Allerdings würden die Republikaner mit der „nuklearen Option“ an frühere Praktiken ihrer Kontrahenten anknüpfen. Die Demokraten hatten 2013 mit ihrer damaligen Mehrheit den Filibuster für die Besetzung niedrigerer Richterposten abgeschafft.
Streichen die Republikaner nun den Filibuster auch bei den höchsten Richterämtern, haben sie anschließend leichtes Spiel. Für die endgültige Abstimmung über Gorsuch brauchen sie nur die einfache Mehrheit.
WELCHE LANGFRISTIGEN FOLGEN KANN DER STREIT HABEN?
Die „nukleare Option“ ist langfristig riskant. Zwar könnten die Republikaner dann auch künftig leichter konservative Richter an den Supreme Court schicken. Voraussetzung wäre allerdings, dass die nächsten Besetzungen fällig werden, solange Trump oder ein späterer republikanischer Präsident amtiert und dass die Republikaner dann weiterhin den Senat dominieren.
Sollten sich aber die Machtverhältnisse im Weißen Haus wie Senat ändern, hätten es die Demokraten ohne Filibuster leichter, das Oberste Gericht mit Kandidaten ihres Gefallens zu besetzen.