Blumige Debatte zu WKÖ-Reform im Wirtschaftsparlament
Wien (APA) - Die Debatte im Wirtschaftsparlament vor dem vorhersehbaren mehrheitlichen Beschluss zur Reform der Wirtschaftskammerorganisatio...
Wien (APA) - Die Debatte im Wirtschaftsparlament vor dem vorhersehbaren mehrheitlichen Beschluss zur Reform der Wirtschaftskammerorganisation ist ruhig verlaufen. Sie war sogar insofern „blumig“, als dass von Delegierten auf die Reformpläne bezogen zahlreiche bildliche Vergleiche mit Schrebergärten und auch Gartenzwergen gezogen wurden.
Vor Beginn der Debatte hatte WKÖ- und ÖVP-Wirtschaftsbundpräsident Christoph Leitl in seinen Eröffnungsworten zur Kammerreform gesagt: „Was man fordert, muss man auch selbst vorleben.“ So senke die Wirtschaftskammer Beitragszahlungen auf Investitionsbasis und auch die Lohnnebenkosten (KU1/KU2), sagte Leitl in Richtung Bundesregierung. Mit der Digitalisierung werde die Wirtschaftskammer auch den Faktor 10 angehen: Die Bundeskammer und die neun Länderkammern sollen besser kooperieren. Hier geht es laut Leitl um einen „kooperativen Föderalismus“. Künftig soll nicht mehr jede Kammer alles selbst machen. „Das heißt aber nicht, dass einer alles macht“, sagte der Oberösterreicher. Demnach sollen Kompetenzzentren, „Leadkammern“ entstehen.
Der Präsident vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) und WKÖ-Vizepräsident, Christoph Matznetter, plädierte für stärkere Entlastungen für EPU und kleine Firmen. So gehöre die KU1 zumindest an die Inflation angepasst. Nach Jahrzehnten ohne Änderung würden inzwischen EPU KU1 zahlen, die dies ursprünglich nicht hätten müssen. Es gehe in der Zukunft der Wirtschaftskammerfinanzierung überhaupt darum, einen Weg zu finden, dass die Betrieben entsprechend ihrer Größe und ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen, so der Wiener. Beispielsweise würden die mittleren und großen Betriebe exponentiell stärker von der Außenwirtschaftsorganisation profitieren als die vielen EPU, die so gut wie nie im Ausland tätig seien.
Der Chef der Freiheitlichen Wirtschaft (FW) und WKÖ-Vizepräsident Matthias Krenn lobte die Gemeinsamkeiten in der Reformbereitschaft der FW und des ÖVP-Wirtschaftsbundes und hob die kommende degressive Gestaltung in der Kammerumlage 1 hervor. Wesentlich sei auch der künftige Entfall der Mehrfachmitgliedschaften in Fachorganisationen. Die Einsparungen, die auf die Unternehmen zukämen, seinen sehr wichtig. Bei den autonomen Fachgruppen drehe es sich aber noch um doppelte Grundumlagen. „Ich appelliere, dass das tatsächlich abgeschafft wird“, sagte der Kärntner. Eine Trendforschungsabteilung, die in der Außenwirtschaftsorganisation eingeführt werden soll, werde auch den kleinen Firmen einen Nutzen bringen. Insgesamt sei die Reform „ein Schritt in die richtige Richtung aber es ist trotzdem ein Minimalkonsens“. Auf den heutigen Schritt „muss der nächste Schritt angedacht“ werden.
Die Chefin der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth, fehlt unter anderem eine Verschlankung der Funktionärsstruktur in der Wirtschaftskammer. Besonders wichtig wäre auch eine „drastische Senkung der Mitgliedsbeiträgen“. Derzeit handle es sich bei den Reformplänen aber „nur um Überschriften“; bei den Entlastungen profitierten größere Firmen. „Was sich hinter den Schlagwörtern verbirgt ist zwar heute ein bisschen deutlicher geworden, mir aber immer noch viel zu schwammig“, sagte Jungwirth. Sie erinnerte auch an die Skepsis mancher Länderkammern im Sinne der Konkretheit der angekündigten Maßnahmen. Nun fänden sich die Unterschriften aller Länderkammer-Chefs unter dem Reform Antrag - ohne dass die Pläne konkreter geworden seien: „Der Grund des Widerstands ist als ein anderer. Die finanziell stärkeren Kammern habe die sorge, dass sie für finanziell schwächere Ausgleichszahlungen leisten müssen“, vermutete Jungwirth. Der Föderalismus werde nun einzementiert, die Digitalisierung alleine werde die Sparziele nicht einspielen können.
Die Grüne kritisierte die WKÖ auch massiv dafür, dass sie aus ihrer Sicht eine echte Gewerbeordnungsreform verhindert habe. Eine echte Reform der Gewerbeordnung hätte aus Jungwirths Sicht auch eine Echte Reform der Wirtschaftskammer ermöglicht. So aber vermisst die Steirerin in beiden Bereichen einen großen Wurf. Immerhin funktioniere der Servicebereich der Kammer sehr gut. Die Grünen wollen die Fachgruppen auf Länderebene abschaffen. Etwas überraschend kam das Lob der Grünen für einen Abänderungsantrag der Liste Industrie - er gehe nämlich weiter als die Reformpläne von Wirtschaftsbund und Freiheitlichen; und vor allem gehe es nicht um Groß gegen Klein.
Siegfried Menz von der Liste Industrie wiederum dankte Jungwirth. Man sei immer für Gespräche offen. Grundsätzlich bekenne sich die Liste Industrie zur Reform der WKÖ. Die Reformschritte erfolgten aber zu langsam. Die Liste Industrie stellt laut Menz 0,1 Prozent der WKÖ-Mitglieder, zahle aber mehr als ein Viertel der Beiträge. Man wolle solidarisch sein, aber der Anteil dürfe nicht noch größer werden. Bei weiteren Reformen müsse die Industrie nicht nach Anzahl der Mitglieder einbezogen werden, sondern nach Höhe ihrer Mitgliedsbeiträge, forderte Menz.
Amelie Groß von der Jungen Wirtschaft begrüßte die Reformpläne kritiklos.
Krenn erhielt Applaus von einigen WKÖ-Delegierten für Kritik an der Arbeiterkammer (AK). Diese leiste „keinen Beitrag für eine ehrliche Absenkung der Lohnnebenkosten“.
Sowohl Matznetter als auch Krenn sagten, beim Faktor 10 der Wirtschaftskammer (Bundeskammer und neun Landeskammern) müssten Einsparungen gelingen. Rot, Blau und Grün sind auch für Änderungen im Wirtschaftskammerwahlrecht. Aus Sicht Krenns braucht es über die Reform, die heute beschlossen wird, hinaus eine Entbürokratisierung der Kammer, eine größere Beitragssenkung für alle Betriebe und eben auch ein transparentes Wahlrecht - ab der nächsten Funktionsperiode.
Zur Mittagszeit sollten die Abstimmung über die Reform erfolgen. Die mehrheitliche Zustimmung galt als sicher.
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