Umdenken im Management wichtig
Menschen mit Behinderung anzustellen, sei kein Sozialprojekt, sondern lohnenswert, sagt eine Studie. Ein neues Projekt fordert mehr Dialog.
Wien, Innsbruck –Das „Zero Project“ will ein Umdenken in Unternehmen herbeiführen. Dafür sollen Beispiele erfolgreicher Beschäftigung für Behinderte vorgestellt werden, „damit möglichst viele Firmen auf die Idee kommen, es auch zu versuchen“, sagt Martin Essl, Initiator des Zero Project Unternehmensdialogs. Es sei eine Mär, dass Menschen mit Behinderung über keine Talente oder besondere Begabungen verfügen. Diese gelte es lediglich zu finden und zu nutzen.
Auch Angelika Alp-Hoskowetz vom Sozialministeriumservice Tirol wünscht sich mehr Möglichkeiten in Betrieben für Menschen mit Behinderung. Immerhin 78 Prozent der Betriebe hätten 2016 ihre Beschäftigungspflicht nicht erfüllt und Strafen gezahlt. Unverständlich eigentlich, denn die Erfahrungen in den Betrieben seien durchweg positiv.
Auch Martin Essl von Zero Project nennt positive Beispiele: So gebe es etwa Menschen mit einer Form von Autismus, die im IT-Bereich erfolgreich seien, Blinde, die im Call-Center arbeiten, aber auch Gehörlose, die in einem hektischen Umfeld konzentriert arbeiten könnten.
Die gleiche Botschaft hat eine Studie des Instituts für Gender und Diversität in Organisationen der Wirtschaftsuniversität Wien: Der erste Schritt zur Barrierefreiheit in Organisationen gehe immer vom Management aus und setze zudem ein ganzheitliches Konzept zur Integration von Menschen mit Behinderung voraus, heißt es dort.
Denn oft fänden auch sehr gut qualifizierte und motivierte Menschen mit Behinderung nur schwer Zugang zu Beschäftigung. Um diese Hürden zu überwinden, müssten „inklusive Organisationen und Barrierefreiheit“ von den Chefs hergestellt werden.
Und es gebe ja auch Anreize für Betriebe, nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Auszeichnungen. In Tirol wurden für den Zeitraum 2016–2018 immerhin 18 Betriebe mit der Auszeichnung „Wir sind Inklusion“ vor den Vorhang geholt, darunter etwa das Massagefachinstitut „Die Quelle“ in Lienz, aber auch Interspar in Innsbruck oder das Hotel Erika in Nauders.
Ein Mehraufwand in den Unternehmen sei am Anfang sicher nötig, betonen sowohl Essl von Zero Project als auch Alp-Hoskowetz vom Sozialministeriumservice Tirol. Die Arbeitsplätze müssten an die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung angepasst werden. Arbeitszeiten, technische Ausstattung, eventuell bauliche Bedingungen müssten adaptiert werden. Außerdem müssten die Aufgaben, die Menschen mit Behinderung übertragen werden, definiert und realistisch bewertet werden. Wichtig sei es, über Erfolge zu berichten und die Leistungen entsprechend sichtbar zu machen.
Im Betrieb seien Behindertenvertrauenspersonen und viel Kommunikation nötig. Daneben hätten sich externe Experten bzw. Sozialarbeiter wie etwa der Caritas als besonders relevant erwiesen.
Zero Project ist übrigens ein weltweites Netzwerk mit 3000 Experten aus 180 Ländern. Unter anderem werden soziale Innovationen gesucht, heuer im Bereich Beschäftigung für Menschen mit Behinderung. Unterstützt wird das Projekt von der Essl Foundation. Im Zero Project Unternehmensdialog werden in den kommenden Monaten in sieben Bundesländern Veranstaltungen abgehalten, um mit Unternehmen in Dialog zu treten. Ab Herbst auch in Tirol. (APA, ver)