Schweden verstärkt nach Anschlag in Stockholm Terrorabwehr
Stockholm (APA/dpa/AFP/Reuters) - Die schwedischen Behörden sind nach dem mutmaßlichen Terroranschlag von Stockholm in Alarmbereitschaft. Ze...
Stockholm (APA/dpa/AFP/Reuters) - Die schwedischen Behörden sind nach dem mutmaßlichen Terroranschlag von Stockholm in Alarmbereitschaft. Zehn Tage lang sollen alle Ausreisenden an den Grenzen kontrolliert werden, sagte Ministerpräsident Stefan Löfven. Innenminister Anders Ygeman sagte dem schwedischen Rundfunk, die Kontrollen könnten um weitere 20 Tage verlängert werden.
„Das ist natürlich wichtig, um einen Täter oder eventuelle Helfer daran zu hindern, das Land zu verlassen und sich einer Festnahme der Polizei zu entziehen“, sagte Ygeman. Die schwedische Polizei wollte frühestens am Samstag in der Früh neue Informationen zu dem Anschlag in Stockholm veröffentlichen. Die Polizei geht von einem Terroranschlag aus, bestätigte ein Sprecher am Freitagabend. „Wir haben eine Arbeitshypothese, dass das hier eine Terrortat ist“, sagte Stefan Hector.
Ein offensichtlich gekaperter Lastwagen war am Freitagnachmittag durch eine Einkaufsstraße gerast und in ein Kaufhaus gefahren. Dabei wurden nach bisherigen Angaben vier Menschen getötet und 15 andere verletzt, einige davon schwer. Unter den Verletzten sind auch Kinder. Am Abend nahm die Polizei eine Person fest, „die Verbindungen zu dem Fall haben kann“, wie es hieß. Der Mann stimme mit Beschreibungen einer Person überein, die sich in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben soll. Details dazu blieben allerdings unklar.
Die Polizei rief die Bevölkerung auf, nicht ins Zentrum Stockholms zu fahren. Die Sicherheitskräfte zeigten erhöhte Präsenz und bewachten besonders gefährdete Plätze im ganzen Land. „Es ist wichtig für uns, etwaige weitere Angriffe zu verhindern“, sagte ein Sprecher. Auch die Züge im Stockholmer Zentrum standen zwischenzeitlich still.
„Es fühlt sich so furchtbar an, was passiert ist. Unschuldige Menschen sind getroffen worden“, sagte Löfven am Abend auf einer Pressekonferenz und verurteilte den Anschlag als verabscheuungswürdige Tat. „Schweden wird sich nicht durch diese abscheulichen Mörder einschüchtern lassen.“ Die Regierung werde unermüdlich für die Sicherheit der Menschen arbeiten. „Aber wir können nicht garantieren, dass das nicht wieder passiert“, sagte Löfven, der am Abend Rosen am Anschlagsort niederlegte.
Der Anschlag weckt Erinnerungen an die Terrorattacken von Berlin und Nizza. Im Dezember hatte der 24-jährige Tunesier Anis Amri einen gekaperten Lkw in einen Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz in Berlin gelenkt und zwölf Menschen getötet. Im Juli 2016 raste der 31 Jahre alte Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel mit einem Lkw auf einem Strandboulevard in Nizza in eine Menschenmenge. 86 Menschen starben. Die Terrormiliz IS reklamierte beide Anschläge für sich.
Weltweit reagierten Politiker mit Bestürzung auf den Angriff. Bundespräsident Alexander Van der Bellen nannte den mutmaßlichen Terroranschlag eine „entsetzliche, verabscheuungswürdige Tat“. „Fürchterliche Nachrichten aus Schweden. (...) Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen der Opfer“, schrieb Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) auf Facebook. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich „tief betrübt über die tragischen Ereignisse“ in Stockholm.
UNO-Chef Antonio Guterres verurteilte den mutmaßlichen Anschlag: „Die Vereinten Nationen stehen solidarisch mit dem Volk und der Regierung von Schweden.“ Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte: „Solche Angriffe sollen die Saat der Angst säen, aber in Wirklichkeit bestärken sie uns nur in unserer gemeinsamen Entschlossenheit, den Terrorismus weltweit zu bekämpfen.“ Die USA stünden bereit, der schwedischen Regierung Hilfe bei den Ermittlungen anzubieten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte: „Ein Angriff auf einen unserer Mitgliedsstaaten ist ein Angriff auf uns alle.“ NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte: „Die Nachrichten, die aus Stockholm kommen, sind schrecklich.“
Russlands Präsident Wladimir Putin sprach Schweden sein tiefes Mitgefühl aus: „In unserem Land kennen wir die Grausamkeiten des internationalen Terrorismus nicht nur vom Hörensagen“, hieß es in einem Schreiben Putins an den schwedischen König Carl XVI. Gustaf.
Der burgenländische ÖVP-Klub war zum Zeitpunkt des Gewaltakts gerade zu Besuch in Stockholm. Er habe die Ereignisse „hautnah“ miterlebt, berichtete Landesparteiobmann Thomas Steiner im Gespräch mit der APA. Er und etwa 20 weitere Mitreisende seien gerade in einem Restaurant eine Straße weiter gewesen, als sie „viel Bewegung“ und „laufende Menschen“ auf der Straße bemerkt hätten. Hubschrauber seien gekreist und er habe gesehen, wie eine verletzte Frau vorbeigetragen wurde, erzählte der Parteichef. Polizei und Soldaten hätten alles abgesperrt und sie seien ins nahegelegene Hotel geschickt worden. Von den Mitreisenden sei niemand betroffen. „Wir haben Glück gehabt“, so der Parteichef.
Die Einkaufsstraße Drottninggatan war bereits im Dezember 2010 Ort eines Anschlags gewesen. Damals explodierte dort ein Auto, während sich fast zur gleichen Zeit an einer anderen Straße im Zentrum Stockholms ein 28-jähriger Schwede irakischer Abstammung in die Luft sprengte. Zwei Passanten wurden leicht verletzt.
( 0372-17, Format 88 x 55 mm)