Formel 1: Mercedes-Serie in Spielberg wackelt - Alle Augen auf Vettel

Spielberg (APA) - Erstmals in der Red-Bull-Ring-Ära kommt der WM-Führende in der Spielberg-Woche nicht aus dem Mercedes-Stall. Doch nicht nu...

Spielberg (APA) - Erstmals in der Red-Bull-Ring-Ära kommt der WM-Führende in der Spielberg-Woche nicht aus dem Mercedes-Stall. Doch nicht nur deswegen steht Ferrari-Star Sebastian Vettel unter Beobachtung. Auf dem Papier aktuell stärkster Formel-1-Fahrer ist vor seinem Quasi-Heimrennen am Sonntag aber Schnitzel-Fan Daniel Ricciardo. Dazu könnte heuer der 14 Jahre alte Streckenrekord von Michael Schumacher fallen.

Seit der Wiederbelebung des Österreich-Rennens im Jahr 2014 hat im steirischen Aichfeld stets Mercedes triumphiert. Nico Rosberg landete zweimal den Sieg, im Vorjahr machte Lewis Hamilton dem späteren Weltmeister den Hattrick zunichte und gewann nach einer im Anschluss hitzig diskutierten Kollision der beiden in der letzten Runde. Es war das erste Mal seit dem Kanada-Grand-Prix 2011, dass die Führung im letzten Umlauf noch wechselte.

Doch die Chance ist größer als in den Jahren zuvor, dass der Sieger diesmal kein „Silberpfeil“ ist. Ferrari hat vor der Saison die Lücke geschlossen und kann Mercedes heuer mehr als nur Paroli bieten. Über die ersten acht WM-Läufe haben sich Vettel und Hamilton ein packendes Duell geliefert, das zuletzt Ende Juni in Baku eskalierte, als der Deutsche in den Wagen des Briten krachte.

„Zum Glück war es in den letzten drei Jahren ein guter Boden für Mercedes. Aber wir können uns nicht auf unsere Erfolgsbilanz in Spielberg verlassen, weil es ein neues Reglement gibt. Wir beginnen von null und werden versuchen, Freitagfrüh im ersten Freien Training gut aus dem Starthaus zu kommen“, erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Vettel bekam für seinen Rempler in Aserbaidschan eine Zehn-Sekunden-Strafe verpasst. Von zusätzlichen Sanktionen nahm der Automobil-Weltverband (FIA) Abstand, da der viermalige Champion letztlich doch zu einem Schuldeingeständnis bereit war. In der WM-Wertung liegt Vettel mit 153 Punkten 14 Zähler vor Hamilton. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Alphatiere nach dem Baku-Eklat wird mit Spannung erwartet. Im Auto darf sich Vettel angesichts seines Sündenregisters keinen Fehltritt mehr leisten.

Wolff will in der Angelegenheit nicht nachhaken. „Wir haben den Moment hinter uns gelassen“, sagte der Wiener, der eine spezielle Beziehung zu dem Schauplatz in der Steiermark hat. „Ich kenne den alten Österreichring gut, weil ich dort endlose Runden als junger Rennfahrer in verschiedenen Klassen gefahren bin und als Instruktor gearbeitet habe.“

Der Stopp-and-Go-Kurs mit offiziell nur zehn Kurven, also so wenigen wie keine andere Strecke im Kalender, liegt dem einzigen Weltmeister-Rennstall im Hybrid-Zeitalter. Gleichzeitig ist bei Ferrari der Faden etwas gerissen, Vettel belegte zuletzt zweimal nur den vierten Platz. Hamilton und Teamkollege Valtteri Bottas waren in Kanada und Aserbaidschan, ebenfalls Layouts mit einem hohen Anteil an Vollgas-Geraden, schneller. Hamilton kostete in Baku nur eine lockere Kopfstütze den wahrscheinlichen Sieg.

So gewann schließlich Red-Bull-Ass Ricciardo. Der Australier stand nach den jüngsten vier Grand Prix immer auf dem Podium, keiner hat seit Spanien mehr Punkte geholt als der 28-Jährige - 70 an der Zahl. Da die „Bullen“ in Sachen Motorleistung weiterhin Rückstand haben, wird der erste Heimsieg auf der Strecke von Dietrich Mateschitz zwar auch heuer schwierig zu realisieren sein. Die Stimmung im Team ist aber bestens.

„Ich mag die Strecke wirklich, das Einzige ist, ich würde mir wünschen, dass sie etwas länger ist“, meinte Ricciardo, der Österreich sehr schätzt. „Man fühlt sich als Red-Bull-Athlet definitiv als Teil einer großen Familie. Wir haben hier auch schon ein paar ziemlich verrückte Sachen gemacht, das Lederhosen-Outfit (2016; Anm.) war einmal etwas anderes.“ Sein erster Gedanke gilt aber einem kulinarischen Schmankerl: „Ich freue mich wirklich auf ein gutes Schnitzel.“

Auch Max Verstappen, der in den vergangenen sechs Rennen viermal ausschied, blickte voller Vorfreude auf das Spektakel. „Ich habe ein wirklich gutes Resultat in Österreich gehabt letztes Jahr als Zweiter“, sagte der 19-Jährige. „Die Fans auf dem Red Bull Ring sind immer extrem leidenschaftlich, und natürlich waren letztes Jahr viele Holländer da. Es ist immer speziell für mich, so viele Wohnwagen und orange in der Gegend zu sehen.“

Die Veranstalter rechnen heuer mit annähernd 160.000 Zuschauern am Wochenende nach nur knapp 85.000 im Vorjahr. Spielberg erlebt in diesem Jahr ein Jubiläum, handelt es sich doch um den 30. Österreich-Grand-Prix, der als Rennen der Formel-1-Weltmeisterschaft ausgetragen wird. Rechtzeitig dafür könnte es einen neuen Streckenrekord im Rennen geben, glaubt Pirelli-Sportchef Mario Isola. Die alte Bestmarke - 1:08,337 Minuten - datiert aus dem Jahr 2003. Gesetzt hat sie Michael Schumacher im Ferrari.