KV-Reform: Handel will Berufseinsteiger mit höherem Gehalt locken
Wien (APA) - Dreieinhalb Jahre hat es gedauert, um den Handelskollektivvertrag aus dem Jahr 1948 zu reformieren. Nun steht ein neues Gehalts...
Wien (APA) - Dreieinhalb Jahre hat es gedauert, um den Handelskollektivvertrag aus dem Jahr 1948 zu reformieren. Nun steht ein neues Gehaltssystem für die rund 400.000 Angestellten im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel. Profiteure sind Junge bzw. Berufseinsteiger, Älteren hingegen werden künftig weniger Vordienstzeiten angerechnet, wodurch sie „günstiger“ werden und dadurch leichter einen Job finden sollen.
Der neue KV gilt ab 1. Dezember 2017. Die rund 80.000 Handelsbetriebe haben allerdings bis Ende 2021 Zeit, auf das neue Schema umzusteigen. Ein Umstieg könne jeden Monat erfolgen, dann aber mit der gesamten Belegschaft und nicht nur mit Teilen davon. In bestehende Verträge soll nicht eingegriffen werden, sprich, niemand werde weniger verdienen als bisher, wurde am Montag bei einem gemeinsamen Pressegespräch der Sozialpartner versichert. „Niemand verliert Geld“, betonte Handels-Obmann Peter Buchmüller.
Das Mindestgrundgehalt für Vollzeitangestellte mit Lehrabschluss beträgt künftig 1.600 Euro brutto im Monat (statt bisher 1.546 Euro). Einsteigern winken bis zum 13. Berufsjahr vier Gehaltsvorrückungen auf 1.960 Euro brutto. Das soll die Handelsbranche für junge Menschen attraktiver machen. Im alten Schema verharrten die Beschäftigten neun Jahre auf der gleichen Gehaltsstufe, hatten dann aber insgesamt neun Vorrückungen.
Neu ist auch, dass die Gehaltsordnung für ganz Österreich gilt. Bisher galt für Beschäftigte in den Bundesländern Vorarlberg und Salzburg ein anderes Gehaltsschema als in allen übrigen.
Profitieren sollen auch Frauen, die im Handel die Mehrheit der Beschäftigten stellen. Karenzzeiten werden nicht mehr nur für die Gehaltseinstufung angerechnet, sondern auch bei Vorrückungen. Während der Karenzzeit fielen Frauen häufig um wichtige Gehaltssprünge, laut Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian einer der Hauptursachen für den Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern.
Deutliche Abstriche müssen dafür ältere Beschäftigte hinnehmen. Ihnen werden in Zukunft weniger Vordienstzeiten angerechnet - und zwar nur sieben statt bisher 18 Jahre. Dadurch sollen sie günstiger werden und leichter wieder einen Job finden. Über die Jahre wird sich die Einkommenskurve im Handel damit abflachen.
Das Problem am Handels-Kollektivvertrag war die Palette an unüberschaubaren Beschäftigungsgruppen, teils für Berufe wie Geldbote oder Datatypist, die es gar nicht mehr gibt. Statt schwammiger Formulierungen wie „einfachen und schwierigen Tätigkeiten“ einigten sich die Sozialpartner auf acht unterschiedliche Beschäftigungsgruppen - von einfachen Hilfstätigkeiten in Gruppe A und B über klassische Verkaufstätigkeiten mit oder ohne leitender Funktion (Gruppe C bis F) bis zur Geschäftsführungsebene (Gruppe G und H). Facheinschlägige Ausbildungen werden nun entsprechend honoriert - etwa wenn ein gelernter Fliesenleger im Baumarkt in der Fliesenabteilung arbeitet oder ein Fleischhauer im Supermarkt in der Feinkost.
Die nunmehrige Einigung sei „nicht ein Reförmchen, sondern eine Reform“, sagte Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich. Dennoch sei es nur ein Teilabschluss. Die Sozialpartner wollen sich weiterhin treffen und an der komplizierten Zuschlagsregelung sowie der Sicherung der Überzahlung arbeiten. Die Einigung auf das Gehaltsschema dauerte 500 Stunden bzw. 40 Verhandlungsrunden. Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch hofft, dass die Modernisierung des Zuschlagswesens schneller umgesetzt wird.
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