Tirol

Hergelockt und versklavt: Zwangsprostitution in Tirol

In vielen Fällen werden Frauen zur Prostitution gezwungen. (Symbolfoto)
© APA/Fohringer

Opfer von Zwangsprostitution suchen sich aus Angst oder Misstrauen selten Hilfe.

Von Anna-Lena Winsauer

Mit falschen Versprechungen werden die jungen Frauen ins Land gelockt. Ein lukrativer Job warte auf sie. In Österreich angekommen, zerplatzt der Traum vom besseren Leben. Plötzlich bestimmen Gewalt, sexuelle Ausbeutung und Zuhälter ihren Alltag.

Auch in Tirol kommt es immer wieder zu Fällen von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Erst Anfang Juli wurde ein bulgarisch-türkischer Menschenhändlerring zerschlagen. Drei Männer und eine Frau sollen bulgarische Frauen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Innsbruck gelockt und dort zur Prostitution gezwungen haben. Das gesamte Geld, das die Opfer dabei verdienten, mussten sie an ihre Zuhälter abliefern.

In Tirol sieht es laut Landeskriminalamt derzeit so aus: In den Bordellen sind 176 Frauen gemeldet, 135 davon stammen aus Rumänien. Zahlen zur Prostitution auf dem Straßenstrich seien schwer zu erfassen. Dennoch schätzt das LKA, dass etwa 95 Prozent der Frauen, die sich auf der Straße für Geld anbieten, aus Rumänien und Bulgarien stamme. Viele machen dies nicht freiwillig.

Wenn Frauen diesem Albtraum entkommen wollen und können, finden sie in Schutzhäusern Unterschlupf. Auch die Hilfsorganisation „Solwodi" bietet seit Kurzem Betroffenen in Innsbruck ein Dach über dem Kopf. In der Schutzwohnung ist Platz für fünf Frauen und ihre Kinder. „Wir helfen öfters Frauen, die von anderen Organisationen aus anderen Orten zu uns vermittelt werden", sagt Sr. Andrea Bezáková, Sozialarbeiterin beim Verein Solwodi. Denn viele Opfer, die in einer Schutzwohnung unterkommen, hätten Angst vor ihren Zuhältern und würden sich daher in einer anderen Stadt sicherer fühlen.

Auch das LKA Tirol würde in Fällen von Menschenhandel und Zwangsprostitution gerne mehr eingreifen. „Die Opfer haben jedoch wenig Vertrauen in die Polizei", beschreibt man dort das Problem. „Die im Rotlichtmilieu eingesetzten Beamten wissen von der Problematik und sind bemüht, bei Kontrollen und Amtshandlungen dementsprechend vorzugehen, was jedoch allein schon aufgrund der Sprachproblematik sehr schwierig ist."

Zudem sei es nicht immer leicht, Frauen während der Ermittlungsverfahren davon zu überzeugen, dass sie Opfer sind. Viele würden auch von ihren Zuhältern unter Androhung von Gewalt genauestens angewiesen, wie sie sich bei Polizeikontrollen zu verhalten hätten.

Sozialarbeiterin Bezáková hat bei Gesprächen mit Prostituierten im Raum Innsbruck auch gemerkt, „dass viele der Frauen, die auf der Straße anschaffen gehen, von ihrer Familie direkt oder indirekt unter Druck gesetzt werden". Ihre Verwandtschaft in den Herkunftsländern sei vom Verdienst der Frauen abhängig und gebe ihnen häufig das Gefühl, einen fixen Mindestbetrag pro Monat überweisen zu müssen.

Generell müsse in derartigen Fällen viel Vertrauensarbeit geleistet werden, ist sich Bezáková sicher. Es könne den Betroffenen erst dann geholfen werden, wenn diese auch darüber sprechen.

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