Der Kanzler holt die Polizei - in den Wahlkampf

Wien (APA) - Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat am Wochenende lautstark die Wahlkampf-Sirene angeworfen und Innenminister Wolfgang Sobot...

Wien (APA) - Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat am Wochenende lautstark die Wahlkampf-Sirene angeworfen und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein „schlechtes Management“ der Polizei vorgeworfen. Die Schwarzen schossen zurück und unterstellten dem SPÖ-Chef wiederum eine „unglaubliche Entgleisung“. Kopfschütteln löste die „Posse“ bei den Blauen aus.

„Wenn ich mir anschaue, wie krass unterbesetzt die Polizei ist, wie die Überstunden explodieren, und wie es nicht gelingt, Planstellen zu besetzen, dann haben wir dort ein Problem“, richtete Kern dem Innenminister via Zeitungsinterview aus. Es brauche mehr Polizisten auf der Straße. Der Kanzler hätte auch schon eine Idee, wer es besser könnte als Sobotka: Sein roter Parteifreund Hans Peter Doskozil, ehemals burgenländischer Polizeichef und derzeit Verteidigungsminister. Mit ihm habe man „den Sicherheitsminister schlechthin und nach meinem Wunsch soll Doskozil nach der nächsten Wahl auch diese Aufgabe übernehmen“, erklärte der Kanzler.

Bei der ÖVP kam das erwartungsgemäß gar nicht gut an. Dass Kern damit vor der Wahl quasi die Agenden des Innenressorts für die SPÖ beansprucht, ist für die schwarze Generalsekretärin Elisabeth Köstinger „überheblich“.

Sobotka selbst spielte den Ball an die SPÖ zurück: „Eine unmittelbare Vollbesetzung sämtlicher Planstellen bei der Polizei ist nach dem derzeit durch das Bundeskanzleramt vorgegebene System leider denkunmöglich“, erklärte Sobotka gegenüber der APA. Denn erst wenn eine Planstelle geschaffen worden sei, könne auch ein dafür infrage kommender Polizeischüler aufgenommen werden - und eine qualitativ hochwertige Polizeiausbildung dauere dann eben 24 Monate.

Abgesehen davon warf der Innenminister seinerseits dem Kanzler eine „unglaubliche Entgleisung“ vor. Denn Kerns Forderung nach einer Aufwertung von Doskozils Posten war garniert mit dem Hinweis, wie „voll motiviert die Bundesheer-Truppe ist, und das wünsche ich mir auch für den Polizeiapparat“. Dass ein Bundeskanzler den Polizisten vorwerfe, nicht motiviert zu sein, halte er für „einen absoluten Tiefpunkt“, forderte Sobotka eine Entschuldigung.

Tirols schwarzer Landeshauptmann Günther Platter und der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel sprangen ihrem Minister in Aussendungen zur Seite und tadelten Kerns Aussage als „eine Verfehlung, die ihresgleichen sucht“ und „schäbig“.

Niederösterreichs SPÖ-Chef Franz Schnabl wies das als „Blödsinn“ zurück: „Dass die Polizistinnen und Polizisten gute Arbeit leisten, betont der Kanzler immer wieder“, die Forderung nach Verbesserungen richte sich ja auch nicht an die Polizisten, sondern an den Innenminister. Dieser sei „auf Crashkurs und droht die Sicherheitsinfrastruktur in Österreich gegen die Wand zu fahren“, gab Schnabl seinem Parteichef Rückendeckung. Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler bekräftigte, das „Missmanagement“ des Innenministers bei der Polizei sei „evident“.

Einigermaßen verwundert reagierten die Freiheitlichen auf den Schlagabtausch: „Ich habe im Rahmen der Schmutzkübelkampagne zwischen den Regierungsparteien rund um die Polizei keinen sachinhaltlichen Vorschlag vernommen und hoffe, dass auch diese Posse bald beendet wird“, meinte der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer. Die Regierung solle sich lieber mit den tatsächlichen Notwendigkeiten im Polizeialltag auseinandersetzen.