Pensionskassen - Ruf nach Reformen, Mercer: Unterschiede bei Renditen
Wien (APA) - Die österreichischen Pensionskassen haben im Halbjahr laut dem Beratungsunternehmen Mercer einen Veranlagungsertrag von durchsc...
Wien (APA) - Die österreichischen Pensionskassen haben im Halbjahr laut dem Beratungsunternehmen Mercer einen Veranlagungsertrag von durchschnittlich 3,32 Prozent erzielt. Zwischen den einzelnen Kassen gebe es jedoch große Ertragsunterschiede. Der neuen Regierung wird eine Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge empfohlen. Der Schutzverband der Pensionskassenberechtigten fordert eine Reform.
Die überbetrieblichen Pensionskassen haben laut Mercer in den ersten sechs Monaten 3,53 Prozent erwirtschaftet. Die durchschnittliche Rendite bei den betrieblichen Pensionskassen lag bei 2,76 Prozent. „Die Performance einiger Pensionskassen ist sehr zufriedenstellend. Teilweise liegen die aktuellen Werte im ersten Halbjahr sogar über den Gesamtjahreswerten aus dem Jahr 2016“, so Michaela Plank, Expertin für Betriebliche Vorsorge bei Mercer Austria, am Montag in einer Pressemitteilung.
Mercer-Österreich-Geschäftsführer Josef Papousek sieht in Hinblick auf das Budget-Defizit in Milliardenhöhe die Notwendigkeit weiterer Reformen im österreichischen Pensionssystem. Höhere Beiträge als Lösung zu bezeichnen, sei zu kurzfristig gedacht. Die Lösung sei ein System, das auf mehreren Säulen ruhe, betonte Plank. „Die staatliche Pensionsvorsorge soll dabei nicht geschwächt werden, sondern langfristig finanzierbar bleiben. Die zweite und dritte Säule sind notwendige Ergänzungen für eine stabile zukünftige Pensionsentwicklung.“
Die Mercer-Experten verweisen auf Deutschland, wo Anfang Juni eine Stärkung der zweiten betrieblichen Säule beschlossen wurde. Dort würden die neuen rein beitragsorientierten Zusagen über kollektivvertraglich ausverhandelte Pensionspläne eingerichtet. „Hierzulande hätten wir die Chance, mehr als 90 Prozent der Unternehmen zu erreichen“, so Papousek. Eine Verankerung von betrieblichen Vorsorgeplänen im Kollektivvertrag würde die Einführung erleichtern und könnte helfen, auch KMU das Angebot schmackhaft zu machen, ohne dabei ein Obligatorium zu schaffen. In einem ersten Schritt wäre es wichtig, ein Modell der Entgeltumwandlung zu schaffen, das einfach in Kollektivverträge eingebaut werden könnte, so Plank. Für eine stärkere Verankerung der Betriebspensionen in den Kollektivverträgen sprechen sich seit Jahren auch Pensionskassenvertreter aus.
Eine Reform der Firmenpensionen forderte heute einmal mehr der „Schutzverband der Pensionskassenberechtigten“ (pekabe). Das Firmenpensionssystem sei eine wertvolle Ergänzung zur ersten staatlichen Säule, „nur so wie sie derzeit in Österreich läuft, bedarf es einer wesentlichen Verbesserung“, so Obmann Josef Kronemann heute im „Ö1-Morgenjournal“. Das derzeitige Gesetz für die Firmenpensionen müsse dringend evaluiert werden. Nötig seien unter anderem eine Qualitätsverbesserung der Veranlagung, eine externe Qualitätskontrolle sowie eine Verbesserung der Kostensituation.
Kritisiert hat Kronemann auch, dass es keine Ergebnisverantwortung der Pensionskassen gebe, das Risiko werde alleine von den Firmenpensionsbeziehern und den Anwartschaftsberechtigten getragen. Wiedereingeführt werden müsse die 2004 abgeschaffte Mindestertragsgarantie, da seien auch die Aktionäre der Pensionskassen zur Verantwortung zu ziehen. Gefordert wird auch mehr Transparenz und Mitspracherecht.
Sozial- und Konsumentenschutzminister Alois Stöger (SPÖ) kann laut „Ö1“-Mittagsjournal die Kritik nachvollziehen. Gerade die Forderung nach mehr Transparenz und Information stoße bei ihm auf offene Ohren. „In dem Bereich, wo es Betriebspensionen gibt, die mit Betriebsräten vereinbart sind, halte ich das für sehr wichtig“, und das sei auch unterstützenswert. Die inneren Kosten und Strukturen seien eine Angelegenheit des Finanzministers. Bei den Betriebspensionen könne sich Stöger grundsätzlich vorstellen, diese auf Basis von Kollektivverträgen zu ermöglichen. Die wichtigste Säule bleibe die gesetzliche Pension.
Der Obmann des Pensionskassenfachverbandes, Andreas Zakostelsky, verwies in dem Radiobeitrag auf die guten Veranlagungserträge. Seit ihrer Gründung 1991 hätten die Pensionskassen durchschnittlich 5,53 Prozent pro Jahr nach Kosten erwirtschaftet. Die Pensionskassen seien wohl das meistkontrollierte transparenteste Instrument in Österreich. In den Aufsichtsräten und Veranlagungsbeiräten gebe es Kundenvertreter, zum Großteil auch von AK und Gewerkschaft.
Zur Forderung der Wiedereinführung der Mindestertragsgarantie meinte Zakostelsky, diese gehe ins Leere, denn seit der Novellierung des Pensionskassengesetzes Anfang 2013 gebe es ein solches Modell, das sich Sicherheitspension nenne. Von mehr als 90.000 Beziehern von Pensionskassenpensionen hätten gerade einmal 34 Personen dieses Sicherheitsmodell gewählt.
Grundsätzlich ortet Zakostelsky einen „massiven Weiterentwicklungsbedarf“. Derzeit hätten 23 Prozent der Arbeitnehmer einen Pensionskassenvertrag. Eine flächendeckende Einführung wäre beispielsweise über Kollektivverträge möglich. Wichtig ist für Zakostelsky, dass sich die Sozialpartner und die politischen Parteien - auch im nächsten Regierungsprogramm - vornehmen, allen Österreichern eine Pensionserhöhung über eine Pensionskassenpension zu gewähren.
Aktuell sind fünf überbetriebliche und fünf betriebliche Pensionskassen Mitglied im Fachverband, sie veranlagen zusammen mehr als 21 Mrd. Euro Vermögen und sind der größte private Pensionszahler Österreichs.