Ein Recht auf Kur gibt es nicht
Ein Kuraufenthalt ist eine freiwillige Leistung und nichts, das man mit den Jahren erwirbt. Medizinische Reha nach Operationen ist hingegen eine Pflichtaufgabe der Sozialversicherung.
Von Markus Schramek
Innsbruck –Es zwickt und zwackt schon beim Aufstehen. Der höchstpersönliche Bewegungsapparat ist wahrlich schon besser in Schuss gewesen. Dazu ständige Müdigkeit und ein Gefühl von Abgespanntheit. Kein Zweifel: Das fortschreitende Alter fordert seinen Tribut. Das TT-Ombudsteam kann das gut nachvollziehen. Auch wir haben die Adoleszenz schon ein paar Jährchen hinter uns.
Trotz allen Gemeckers und eines reichlichen Bedarfs an Verbesserung: Österreich ist reich gesegnet mit Leistungen im Gesundheitsbereich. Wer der Meinung ist, er sei aufgrund seines Allgemeinzustandes Kandidat für einen Kuraufenthalt, kann einen solchen beantragen.
Hauptzuständig für das Thema Kur ist in Tirol die Pensionsversicherung. Für das Gros der sozialversicherten Arbeitnehmer und Pensionisten ist das die Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Das mag überraschen, denn Gesundheitsmaßnahmen würde man eher mit Krankenkassen in Verbindung bringen. Weil diese aber selbst leiden, nämlich chronisch unter knappen Finanzen, kümmert sich die PVA um Kuranträge.
Ansuchen auf einen Kuraufenthalt müssen medizinisch begründet sein. Die Bewerber werden überdies ärztlich begutachtet. Schließlich sollen jene zum Zug kommen, die einige Wochen in einer bewährten Kuranstalt auch wirklich benötigen.
Als verlängerter Urlaub mit Vollpension (und allfälligem Kurschatten) soll so ein Aufenthalt nicht missverstanden werden. Es geht vielmehr darum, Kurteilnehmer wieder fit für den (Arbeits-)Alltag zu machen; um die „Festigung der Gesundheit“, wie es im Gesetz so schön heißt. Arbeitsrechtlich wird eine Kur wie ein Krankenstand behandelt.
Einen Rechtsanspruch auf Kur, etwa ab einem gewissen Alter, mit 50 Jahren oder mehr, gibt es nicht. Diese Meinung hält sich in der Bevölkerung allerdings immer noch hartnäckig (Motto: „Ich habe noch eine Kur offen“).
Sozialrechtsexperte Robert Prem von der Arbeiterkammer Tirol räumt mit solchen Mutmaßungen auf: „Eine Kur ist eine freiwillige Leistung. Es gibt darauf keinen rechtlichen Anspruch. Wird der Antrag abgelehnt, kann man nichts dagegen tun.“
Wird die medizinische Notwendigkeit einer Kur von der PVA hingegen bejaht, kann man nach den Worten Prems binnen fünf Jahren maximal zwei Anträge stellen. Öfter ist es nur in besonderen Ausnahmefällen möglich.
Die Kosten für den Kuraufenthalt übernimmt zum größten Teil die PVA. Die Patienten müssen eine „tägliche Zuzahlung“ leisten. Zwischen 7,97 und 19,35 Euro pro Tag beträgt diese, abhängig vom jeweiligen Einkommen.
Prem weist darauf hin, dass der eben beschriebene Kuraufenthalt nicht mit der medizinischen Rehabilitation (Reha) verwechselt werden dürfe. „Die Reha ist ein gänzlich anderes Thema, es gelten auch andere Bestimmungen“, betont der AK-Jurist.
Eine medizinische Reha wird beispielsweise im Anschluss an eine Krankenbehandlung durchgeführt. Der Erfolg der Behandlung soll dabei gesichert bzw. die Folgen einer Erkrankung (etwa nach einer schweren Operation) erleichtert werden.
„Die Reha ist eine Pflichtaufgabe. Erster Ansprechpartner ist hier die Krankenkasse“, sagt Prem. In Tirol ist dies für die meisten versicherten Arbeitnehmer die Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK). Sie trägt die Kosten (oder auch die PVA, die ebenfalls medizinische Reha anbietet). Die Patienten müssen Tagsätze beisteuern, die identisch sind mit jenen bei der Kur.
Die Sozialversicherungsträger informieren im Internet ausführlich über die Themen Kur und medizinische Reha. Mit dem Online-Ratgeber auf der PVA-Homepage erhält man einen schnellen Überblick über mögliche Leistungen.
TT-Ombudsmann: Anspruch und Wirklichkeit
Von Hansjörg Jäger
Der Sozialstaat wurde von unseren Vätern und Großvätern geschaffen, weil sie nach leidvollen Erfahrungen erkannt haben, dass er die Basis für das friedliche Zusammenleben aller Bevölkerungsschichten ist. Er funktioniert nach dem Prinzip, dass jeder Bürger nach Maßgabe seiner Kräfte und Möglichkeiten das Seine dazu beiträgt, damit allen Schutz vor Willkür, Krankheit und Armut sowie Bildung in einem geordneten Staatswesen zugutekommen.
Das war der gewaltige Fortschritt gegenüber den Zeiten, als feudale oder diktatorische Obrigkeiten über Wohl und Wehe der Bevölkerung entschieden haben.
So schafften wir es, trotz oft heftiger Verteilungskämpfe, zu Frieden und relativem Wohlstand. Damit deren Bestand auch weiterhin gesichert bleibt, braucht es auch heute noch etwas von der Einstellung, die J. F. Kennedy gefordert hat: Schaue zuerst, was du für deinen Staat tun kannst, und nicht, was der Staat für dich tun soll. Die Errungenschaften des Wohlfahrtsstaats haben diese moralische Verpflichtung schwächer und schwächer werden lassen.
Wenn aber die Einstellung weiter Schule macht, dass Vater Staat für alles zuständig ist und jeder nur darauf schauen soll, persönlich nicht zu kurz zu kommen, dann „Gute Nacht, Österreich".