Alpbacher Gesundheitsgespräche: Migranten besonders verwundbar
Alpbach/Wien (APA) - In der gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen und Migranten muss das Gesundheitssystem eher auf sie zugehen. Migr...
Alpbach/Wien (APA) - In der gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen und Migranten muss das Gesundheitssystem eher auf sie zugehen. Migrantinnen sind oft besonders isoliert und brauchen Hilfe. Dies erklärten am Dienstag Expertinnen bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen. Integration finde auch über das Gesundheitssystem statt.
„Wenn wir uns mit Flüchtlingen und Migranten beschäftigen, müssen wir deren Situation im Herkunftsland, während der Migration und beim Ankommen berücksichtigen“, sagte Catherine Bertini, ehemalige Generaldirektorin des Welt-Ernährungsprogrammes der UNO. Kommunikation über Sprach- und kulturelle Barrieren hinweg sei entscheidend.
Ganz speziell sollte man sich um Migrantinnen kümmern, betonte Catherine Bertine: „Die Kinder kommen in die Schule und lernen die Sprache. Die Männer bekommen eine Arbeit und lernen zumindest etwas die Sprache. Aber die Frauen, die oft zu Hause auf die Kinder schauen, bleiben isoliert.“ Europa sei derzeit durch die Migration finanziellen und politischen Belastungen ausgesetzt. Umso mehr sollte Hilfe in den Herkunftsregionen der Flüchtlinge erfolgen. „Versorgung und Hilfe für die Migranten kosten in Europa 16 Mal mehr Geld als in der Herkunftsregion.“
„Jeder Mensch, egal welchen Status er in einem Land hat, hat das Recht auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung. Gesundheit ist für alle da“, sagte Tiina Saarikoski vom Internationalen Roten Kreuz (Genf). Flüchtling und Migranten würden weder besondere Herausforderungen für das Gesundheitswesen noch Gefahren für die Ankunftsländer darstellen: „Ihre Bedürfnisse sind ganz ähnlich unseren eigenen Bedürfnissen. Es geht um chronische Erkrankungen, Verletzungen und kleinere akute Erkrankungen.“ Es sei in keinem einzigen Fall zu einem Krankheitsausbruch durch Flüchtlinge in Europa gekommen.
Nach der Ersthilfe bei der Ankunft in einem Land sollten Flüchtlinge und Migranten möglichst schnell ins reguläre Gesundheitssystem transferiert werden. „Wir können uns Parallelsysteme nicht leisten“, betonte Tiina Saarikoski und verwies ebenfalls auf die Kommunikation als entscheidender Punkt in der Gesundheitsversorgung.
Die Ankunft von Flüchtlingen und Migranten weise im jeweiligen Staat auch auf bereits länger bestehende Probleme hin. „Wir können diese Situation nutzen, um diese (eigenen; Anm.) Probleme zu lösen“, sagte Alice Wimmer, Expertin für Öffentliche Gesundheit der Caritas Wien.
Mangelndes Wissen für den Zugang zum Gesundheitswesen, mangelndes Wissen in Gesundheitsfragen selbst, sprachliche Barrieren und soziale Benachteiligung würden mit den neu Angekommenen nur wieder mehr sichtbar als in der Vergangenheit. So seien manche dieser Barrieren für jene Menschen, die im Zuge der Kriegshandlungen im damaligen Jugoslawiens nach Österreich gezogen sind, noch immer da. „Insgesamt sind jetzt aber (mit den aktuellen Migrationsbewegungen in Richtung Europa und somit auch nach Österreich; Anm.) vor allem junge und gesunde Menschen zu uns gekommen, die durchaus arbeiten und in das System einzahlen können“, sagte Alice Wimmer. Man müsse immer das Individuum sehen. Das sei besser als anonyme Zahlen zu zitieren, welche die Menschen verschreckten.
Die selbst als Flüchtling von Somalia nach Österreich gelangte Pharmazeutin Suad Mohamend, die fünf Sprachen beherrscht und gerade Deutsch lernt, arbeitet mittlerweile als Dolmetscherin für das Österreichische Rote Kreuz und die Diakonie in Wien in der Flüchtlingsbetreuung. Sie betonte die Notwendigkeit von Dolmetschkapazitäten auf allen Ebenen und in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Auch Flüchtlinge selbst könnten dabei eine wichtige Hilfe sein.