USA wollen Afghanistan-Einsatz wieder hochfahren
Kabul/Washington (APA/dpa/AFP/Reuters) - Entgegen seinen Ankündigungen im Wahlkampf will US-Präsident Donald Trump das Engagement der USA in...
Kabul/Washington (APA/dpa/AFP/Reuters) - Entgegen seinen Ankündigungen im Wahlkampf will US-Präsident Donald Trump das Engagement der USA in Afghanistan verstärken und Terroristen in der Region den Garaus machen.
„Diese Mörder müssen wissen, dass sie sich nirgendwo verstecken können, dass kein Platz außerhalb der Reichweite amerikanischer Macht und amerikanischer Waffen liegt“, sagte Trump am Montagabend (Ortszeit) bei der Vorstellung der neuen Afghanistan-Strategie seiner Regierung in einer landesweit übertragenen Ansprache. Die radikal-islamischen Taliban kündigten als Reaktion einen „Heiligen Krieg bis zum letzten Atemzug“ an.
„Wir werden nicht wieder Staatsaufbau betreiben - wir werden Terroristen töten“, kündigte Trump an. „Vergeltung wird schnell sein und machtvoll.“ Die Befugnisse des US-Militärs würden erweitert.
Von nun an werde Sieg eine klare Definition haben, sagte Trump: „Unsere Feinde angreifen, den IS auslöschen, Al-Kaida zerquetschen, die Taliban davon abhalten, Afghanistan zu übernehmen und Terror-Anschläge gegen Amerika verhindern, bevor sie geschehen.“ Für den Einsatz werde es keine zeitlichen Vorgaben mehr geben.
Der Einsatz in Afghanistan ist mit fast 16 Jahren der längste Krieg der USA. Sollten die USA nicht abziehen, werde Afghanistan zu ihrem Friedhof werden, drohten die Taliban in Reaktion. Sie kontrollieren heute wieder etwa elf Prozent des Landes und kämpfen um etwa 30 Prozent des Landesterritoriums.
Nach Jahren der Truppenreduzierungen zeichnet sich eine Aufstockung des Kontingents ab. Trump kündigte dies zwar wider Erwarten selbst nicht an. Eine gleich nach seiner Rede verschickte Mitteilung von Verteidigungsminister James Mattis ließ aber darauf schließen. Mattis werde sich zur Umsetzung der Strategie nun mit den NATO-Alliierten in Verbindung setzen, von denen „ebenfalls viele mehr Soldaten“ versprochen hätten, hieß es. US-Medien hatten vor der Rede berichtet, dass es wohl eine Erhöhung um die 4.000 Mann geben werde.
Trump sagte, er wolle nicht über die Zahl der Soldaten oder die Pläne für künftige Militäraktivitäten sprechen. „Die Umstände - nicht willkürliche Zeitpläne - werden unsere Strategie in Zukunft leiten. Amerikas Feinde dürfen nicht glauben, dass sie unsere Pläne kennen oder einfach abwarten können, bis wir gehen.“ Die USA haben in Afghanistan derzeit rund 8.400 Soldaten. Der Einsatz begann nach den verheerenden Terroranschlägen vom 11. September 2001.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte Trumps neue Afghanistan- und Südasien-Strategie. „Die NATO bleibt Afghanistan voll verpflichtet, und ich freue mich darauf, mit Verteidigungsminister Mattis, unseren Alliierten und internationalen Partnern die nächsten Schritte zu diskutieren“, teilte Stoltenberg mit. Zudem wies er darauf hin, dass sich in den vergangenen Wochen bereits mehr als 15 Länder dazu bereit erklärt hätten, die Zahl ihrer Truppen für den Afghanistan-Einsatz der NATO noch einmal aufzustocken. Die meisten US-Soldaten sollen nach Presseberichten in der Trainings- und Ausbildungsmission der NATO (Resolute Support) eingesetzt werden.
Auch der afghanische Staatschef Ashraf Ghani begrüßte die Aussagen Trumps. Sie seien ein Beleg für das „fortdauernde Engagement“ der USA als einer der wichtigsten Partner in dem Konflikt, schrieb Ghani am Dienstag in den Sozialen Medien.
Trump sagte, er sei sich bewusst, dass die Amerikaner kriegsmüde seien. Er teile ihre Frustration „über eine Außenpolitik, die zu viel Zeit, Energie, Geld - und vor allem Menschenleben - gefordert hat beim Versuch, Länder nach unseren Vorstellungen wieder aufzubauen statt unsere Sicherheitsinteressen über alle anderen Überlegungen zu stellen“.
Als Privatmann hatte Trump immer einen Rückzug aus Afghanistan gefordert. Im Wahlkampf hatte er sich gegen militärische Interventionen im Ausland eingesetzt. „Mein erster Instinkt war abzuziehen“, sagte er in seiner Rede. „Aber die Konsequenzen (...) wären ebenso vorhersehbar wie auch inakzeptabel.“
Trump zog Parallelen zum US-Abzug aus dem Irak. „Wie wir wissen, ist Amerika 2001 hastig und irrtümlich aus dem Irak abgezogen. Das Resultat war, dass hart Erkämpftes wieder in die Hände der Terroristen zurückgefallen ist. (...) Das Vakuum, das wir kreiert haben, indem wir zu früh abgezogen sind, hat dem IS einen sicheren Hafen verschafft, in dem er wachsen, rekrutieren und Anschläge verüben konnte.“ In Afghanistan dürften nicht die Fehler wiederholt werden, die im Irak gemacht worden seien.
Die radikal-islamischen Taliban weigern sich seit Jahren, an Friedensgesprächen teilzunehmen. Bisher hatte die US-Regierung oft betont, eine politische Lösung sei letztlich der einzige Weg. Nun ändert sich der Kurs offenkundig. „Eines Tages, nach effektiven Militäroperationen, wird es vielleicht möglich sein, eine politische Einigung mit einigen Elemente der Taliban zu erzielen, aber keiner weiß, ob oder wann das je geschehen wird.“
Trump drohte auch Pakistan, das mit der afghanischen Taliban-Führung „genau jene Terroristen beherbergt, die wir bekämpfen“. Das müsse sich sofort ändern. Welche Maßnahmen die USA ergreifen wollen, blieb aber unklar. Dass Indien stärker mit wirtschaftlicher Hilfe eingebunden werden soll, wird aber schon als Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Pakistan verstanden. Die beiden Länder sind Erzfeinde.
China nahm seinen verbündeten Pakistan in Schutz: Pakistan kämpfe an vorderster Front gegen den Terrorismus und habe dabei große Opfer und Beiträge geleistet, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying in Peking. Die internationale Gemeinschaft solle dies anerkennen. China würde es begrüßen, wenn Pakistan und die USA ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror auf der Grundlage gegenseitigen Respekts führten und zusammenarbeiten würden, um Sicherheit und Stabilität in der Region und der ganzen Welt zu fördern.
Nach NATO-Angaben sind derzeit - nach dem von Trumps Vorgänger Barack Obama Ende 2014 herbeigeführten offiziellen Ende des Kampfeinsatzes - etwas 12.400 Soldaten im Einsatz, um afghanische Sicherheitskräfte auszubilden und zu beraten. Angesichts der angespannten Sicherheitslage sollen es im kommenden Jahr eigentlich rund 15.800 werden. Bis zuletzt war allerdings unklar, ob und in welchen Umfang sich die USA an der geplanten Aufstockung beteiligen.
(Grafik 0844-17, Format 88 x 142 mm)