Forum Alpbach - Mcnutt: Von Trump & Co. „nicht blenden lassen“

Alpbach/Washington (APA) - Als Präsidentin der National Academy of Sciences (NAS) erlebt man in der Ära Trump durchaus „neue Fallstricke“, w...

Alpbach/Washington (APA) - Als Präsidentin der National Academy of Sciences (NAS) erlebt man in der Ära Trump durchaus „neue Fallstricke“, wie Marcia Mcnutt, US-Geophysikerin, ehemalige „Science“-Chefredakteurin und Ex-Direktorin des United States Geological Survey, die diesen Posten seit dem Vorjahr innehat, es bei den Alpbacher Hochschulgesprächen am Mittwochabend formulierte.

Von „alternativen Fakten“ bis „Fake News“: „Davon dürfen wir uns nicht blenden lassen“, beschwor Mcnutt. „Empirische Evidenz ist unsere Währung.“ Eine Währung, deren Kurs nicht dauerhaft niedrig gehalten werden könne. „Wenn es wirklich um etwas geht, wenn eine Krise kommt, dann wird sie wieder sehr viel wert sein.“ Ein Rückblick auf wichtige Reports der NAS aus der Vergangenheit untermauere das. Erstellt wurden und werden sie, um „informierte Entscheidungen“ der politischen Seite zu ermöglichen.

Der Bericht zu Aids stellte erstmals definitiv die Verursachung durch HIV fest, jener zu „Genome Editing“ machte den Weg frei für das Genome Project. Mit dem Bericht zu Fettleibigkeit wurde erstmals die schockierende Tatsache festgehalten, „dass heute mehr Menschen daran sterben, dass sie zu viel essen, als zu wenig“. Und der Report über ökonomische und steuerliche Konsequenzen der Zuwanderung sorgte im vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf für Aufsehen: „Jeder Dollar, der in die erste Generation der Zuwanderer investiert wurde, wurde von ihren Kindern und Enkelkindern im Vielfachen zurückgezahlt.“

Und doch kommt die wissenschaftliche Botschaft häufig nicht bei allen an - das Abstreiten des Klimawandels etwa ist in den USA sogar in den allerhöchsten Ämtern salonfähig. „Ich kenne viele, die den Klimawandel leugnen“, so Mcnutt. „Aber sie tun das nicht, weil sie wirklich nicht daran glauben. Jeder weiß, dass es ihn gibt. Sie leugnen es, weil ihnen die Opfer, die sie glauben bringen zu müssen, um den Klimawandel aufzuhalten, mehr Angst machen als der Klimawandel selbst.“ Wissenschafter - auch aus den Sozialwissenschaften - seien gefordert, diese Ängste ernst nehmen und Lösungen finden, die für Menschen mit harten Lebensrealitäten annehmbar sind.

Mcnutt, die es während ihrer Zeit als erste weibliche Direktorin des United States Geological Survey (USGS) „mit einer endlosen Flut von Katastrophen“ zu tun hatte - darunter die Deepwater-Horizon-Ölpest am Golf von Mexiko 2010 und der Ausbruch des Eyjafjallajökull in Island im selben Jahr - gab daher als Verhaltenskodex für Wissenschafter in der „postfaktischen Welt“ die gleichen Prinzipien aus, die ihr schon immer gegolten haben: Offenheit und möglichst breite Partizipation, das Annehmen von Diversität als Stärke von Teams und die Verteidigung der eigenen Reputation. Alle drei „Lehren“ veranschaulichte sie mit konkreten Beispielen aus ihrer Karriere. „Expertentum mag derzeit nicht gefragt sein bei manchen Leuten in den USA. Aber es dauert nur so lange, bis etwa eines ihrer Kinder eine Operation benötigt. Oder wenn sich die Naturgesetze bei einer Katastrophe durchsetzen. Dann will man das beste Expertenteam. Und dann möchten wir zu diesem Team gehören.“