Assistenzeinsatz in Tirol: “Polizei kontrolliert, Heer sichert“
Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres bei den Schengen-Kontrollen hat begonnen. Sechs illegale Migranten wurden in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag von einem Güterzug gefischt. Ein Augenschein.
Von Benedikt Mair
Schönberg, Matrei –Ein kalter Wind fegt über die Gleise des Bahnhofs in Matrei am Brenner. Das Kiesbett ist an diesem Augustabend in gelbes Licht getaucht. Alle warten gespannt. Der nächste Güterzug soll gleich einfahren. „Den warten wir noch ab, dann schicken wir die Medien nach Hause“, brummt ein Beamter kurz vor halb ein Uhr zum anderen. Polizei und Heer haben zum Lokalaugenschein geladen. Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres bei den Schengen-Kontrollen hat begonnen. Viele sind gekommen; wollen sich davon überzeugen, dass es wirklich sinnvoll ist, zu den 100 bereits eingesetzten Polizeibeamten zusätzlich 70 Kadersoldaten abzukommandieren. Noch ist nichts passiert.
Fünf Stunden zuvor. Drei Spuren der Schönberger Mautstelle sind gesperrt, neben jeder der anderen vier nordwärts führenden haben sich je ein Polizeibeamter und ein Kadersoldat positioniert. „Das Heer sichert ab, der Polizist führt die Kontrolle durch“, betont Günther Salzmann, stellvertretender Leiter der Landesverkehrsabteilung. Erst schaue der speziell geschulte Beamte auf das Kennzeichen, dann ins das Gesicht des Fahrers, und entscheide schließlich, ob eine genauere Kontrolle von Nöten sei.
Ein Kleinlaster mit polnischem Kennzeichen erfüllt die Kriterien, wird umgeleitet. „Ausweis und Fahrzeugpapiere.“ Der vom Trubel überraschte Fahrer kommt der Aufforderung nach. Während ein Polizeibeamter in einem grauen Kleinbus verschwindet, um die Personalien zu prüfen, fordert ein Soldat den Mann dazu auf, die Ladefläche seines Fahrzeuges zu öffnen. Kamerateams und Fotografen kommen angerannt. Der Wagen ist aber sauber, kann weiterfahren. „Dann aber beim nächsten“, sagt ein Fotograf. Er wird sich täuschen. An diesem Abend bleibt alles ruhig. Keine Aufgriffe auf der A13.
Dasselbe Bild später am Bahnhof in Matrei. Der erste Güterzug des Abends fährt um 23.34 Uhr ein. Man hat früher damit gerechnet. 16 Soldaten, acht Polizisten und zwei Hundeführer warten bereits seit einer Stunde. „So genau kann man das eben nie planen“, weiß Christoph Kirchmair, stellvertretender Polizeikommandant im Bezirk Innsbruck-Land und Koordinator der Kontrolle, aus Erfahrung. Eine halbe Stunde dauert die Kontrolle des 555 Meter langen Güterzuges. Soldaten und Polizisten leuchten unter die Achsen der aufgeladenen Lastwagen. „Wir müssen auch hineinkriechen“, sagt Kirchmair zu einem Soldaten. „Damit wir ja keinen übersehen.“ Gefunden wird niemand.
Erst beim nächsten Zug, der in Bozen gestartet war und nach München fahren sollte, wird man fündig. Auf einem Kesselwagon für Flüssiggas haben sich zwei Frauen und vier Männer – wie sich später herausstellen sollte, kommen drei von ihnen aus der Elfenbeinküste, zwei aus Nigeria und einer aus Burkina Faso – auf einer 50 Zentimeter breiten Metallstrebe, 50 Zentimeter über dem Boden, zusammengequetscht. Nach und nach steigen sie apathisch aus ihrem Versteck. Ihre Kleidung ist dreckig und durchnässt, die Blicke betrübt. Nach einer Identitätskontrolle und Leibesvisitation werden die Migranten in die Polizeistation am Brenner gebracht.
Es war erst der Auftakt der gemeinsamen Kontrollen. 36 Aktionen auf Autobahn, den Bundesstraßen und Bahnhöfen sind für August geplant, 81 weitere im September. „Dann werden wir die Zahlen genau anschauen und evaluieren, wie es weitergehen soll“, sagt Polizei-Pressesprecher Manfred Dummer.