Wie alles begann: Henning Mankell erster Afrika-Roman „Der Sandmaler“
Wien (APA) - „Mit einem Fuß im Schnee und mit einem Fuß im Sand.“ Diese Metapher verwendete Henning Mankell selbst gerne zur Beschreibung se...
Wien (APA) - „Mit einem Fuß im Schnee und mit einem Fuß im Sand.“ Diese Metapher verwendete Henning Mankell selbst gerne zur Beschreibung seiner zweigeteilten Existenz: in Schweden ein gefragter Bestsellerautor, in Mocambique engagierter Theaterleiter. 2015 ist er gestorben. Im Zsolnay Verlag ist nun der 1974 im Original erschienene erste Afrika-Roman Mankells auf Deutsch herausgekommen: „Der Sandmaler“.
Die Titelfigur taucht nur kurz und schemenhaft im Verlauf des schmalen Buches auf, ein Strandkünstler mit erstaunlichen Fähigkeiten und politischem Anliegen. „Die Zukunft ist ein sozialistisches Afrika“, schreibt er neben einem Frauenporträt mit den Umrissen Afrikas in den Sand. Und neben ein erstaunlich gelungenes, rasch in den Sand skizziertes Porträt einer schwedischen Touristin setzt er: „Der Sozialismus rettet auch euch.“
Die 20-jährige Touristin heißt Elisabeth. Es ist ihre erste Auslandsreise überhaupt, und sie landet mit einer skandinavischen Reisegruppe in einem von skandinavischen Investoren betriebenen Hotel in einem erst vor kurzem von den Engländern in die Unabhängigkeit entlassenen westafrikanischen Küstenstaat. Aber anders als ihr ehemaliger Klassenkollege, der aus einer begüterten Familie stammende Stefan, den sie zufällig beim Abflug wiedergetroffen hat, interessiert sich Elisabeth auch wirklich für das Land und die Lebensbedingungen der Bevölkerung. Dabei muss sie schockiert feststellen, wie sehr das koloniale Erbe der Europäer weiterwirkt und der westliche Kapitalismus eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung des Landes verhindert.
Das Buch spielt 1971. In diesem Jahr reiste Henning Mankell zum ersten Mal nach Afrika, nach Guinea-Bissau, das erst 1973 von Portugal in die Unabhängigkeit entlassen wurde. „Der Sandmaler“ ist historisch durchaus interessant und fächert jene Themen auf, die den Humanisten und Aktivisten Mankell als Autor sein Leben lang begleitet haben. Es legt den Grundstein zu einem Werk, in dem später Bücher wie „Der Chronist der Winde“, „Tea-Bag“ oder „Die rote Antilope“ von seiner dauerhaften Verbundenheit mit Afrika Zeugnis ablegten.
Die Thematik ist, über 40 Jahre danach, erstaunlicher Weise keineswegs unaktuell geworden. Im Gegenteil: Die Konflikte haben sich seither deutlich verschärft. Nicht nur aus diesem Grund wirkt das Buch jedoch überaus naiv, vordergründig und erzählerisch höchst simpel. Um zu verstehen, wie alles begann, ist es eine interessante Lektüre. Literarisch lässt es viele Wünsche offen.
(S E R V I C E - Henning Mankell: „Der Sandmaler“, aus dem Schwedischen von Verena Reichel, Zsolnay Verlag, 156 S., 20,60 Euro)