Der Eisbrecher taugt auch sommers
Hochbeinig, Allrad-getrieben, Kombi-Ladeabteil und Oberklasse-Komfort anbietend – so lässt sich das Jahr über der Alltag mit dem Volvo V90 Cross Country wetterunabhängig bewerkstelligen.
Von Markus Höscheler
Hopfgarten i. B. –Ist ein Öl-tanker erst einmal voll in Fahrt, lässt sich das mehrere hundert Meter lange Schiff nur noch schwer wieder einbremsen. Ein paar Kilometer sind vonnöten, um den Meerestransporter wieder in den Stillstand zu versetzen – also 15 bis 20 Schiffslängen. Noch diffiziler dürfte derzeit das Einbremsen von Volvo sein: Die Marke darbte von einigen Jahren noch, mit dem neuen Eigentümer Geely aus China begann jedoch ein Aufschwung, der lang anhalten dürfte. Begonnen hat es vor gut drei Jahren mit der zweiten Generation des großen Sport Utility Vehicles XC90. Dessen neuartige Optik, dessen neue technische Plattform und dessen kompromisslose Antriebsausrichrtung (es gibt nur Vierzylinder-Verbrenner) stieß auf großartige Resonanz – und feuerte weitere Neuheiten an, zunächst S90 und V90, derzeit auch den Nachfolger des XC60.
Ein weiterer Ableger der technischen Basis, der so genannten skalaren Produkt-Architektur (SPA), ist der V90 Cross Country. Als Grenzgänger im Bereich von Kombi und Sport Utility Vehicle verfügt das 4,94 Meter lange Fahrzeug über eine Reihe von Vorteilen aus beiden Welten: eine hohe Sitzposition, eine erhöhte Bodenfreiheit, reichlich Platz für Fahrgäste und Transportgut sowie ein Allradsystem, das auch in Gebirgsregionen auf sorglose Weise weiterhilft, bei Wind und Wetter. Dabei bringt das Fahrzeug schon genug Eigengewicht mit sich: Knapp zwei Tonnen weist das Datenblatt aus – damit wir davon so wenig wie möglich mitbekommen, haben die Skandinavier im D5-Modell den 235 PS starken Vierzylinder-Turbodiesel eingebaut: Obwohl nur mit zwei Litern Hubraum versehen, bringt sich das Aggregat mit gehobener Laufkultur, frühzeitigem Ansprechen und anhaltendem Durchzug positiv ins Gespräch. Mehr als eine Ansage sind die gebotenen 235 PS Maximalleistung und die 480 Newtonmeter Spitzendrehmoment, die schon ab 1750 Touren bereitstehen. Um die Art der Kraftverteilung braucht sich der Fahrer nicht wirklich zu kümmern, zumal eine Achtstufenautomatik recht beherzt die Gänge sortiert – die Pro-Version offeriert zudem verschiedene Fahrprogramme (etwa dynamisches Fahren oder Offroad), welches verschiedene Parameter verändert. Die Grundausrichtung des V90 Cross Country bleibt jedoch bestehen: Recht zügig geht es voran, Komfort sticht Kurvendynamik – und Sicherheit geht vor: Bewährt haben sich unter anderem der Tot-Winkel-Warner und der übereifrige Spurhalteassistent, der mit sanften Lenkeingriffen ein ungewolltes Verlassen der Fahrspur vermeiden hilft.
Etwas neben der Spur befand sich leider das Entertainmentsystem, das immerhin mit Bowers & Wilkins inklusive 19 Lautsprechern aufwarten konnte – der Ton blieb während der Testphase völlig aus, weder Radio noch verbundene Smartphones konnten mit Musik oder mit Nachrichten aufwarten. Umso mehr widmeten wir uns dem Rest des Modells, etwa der feinen Lederbestuhlung oder dem volldigitalen Instrumentarium (12,3 Zoll Diagonale). Die gab – neben anderen Informationen – den Testverbrauch mit 7,4 Litern je 100 Kilometern an, zeigte auch Navigationskarten lesefreundlich an. Weitere Volvo-Highlights sind das gestochen scharfe Head-up-Display und die LED-Scheinwerfer mit mehreren Funktionen.
Recht übersichtlich hat Volvo beim V90 Cross Country die Preisliste gestaltet: Wer ihn ordert, kann fix von einem Allradsystem ausgehen, es gibt außerdem nur zwei Ausstattungsstufen, die „gewöhnliche“ und die hier vorgestellte „Pro“. Den von uns gefahrenen D5 offerieren Volvo-Händler bei uns ab 65.360 Euro, die Pro-Version kostet wenigstens 69.975 Euro. Günstiger gibt es den Cross Country mit einem 190-PS-Diesel und einer Handschaltung: Hier sind 55.670 Euro zu entrichten. Das ist verhältnismäßig günstig, wenn wir uns vor Augen halten, was ein Öltanker oder ein Eisbrecher (Meer) kostet.