Guatemala

Gericht stoppt Guatemalas Staatschef: UN-Korruptionsjäger bleibt

UN-Ermittler Ivan Velasquez warf Guatemalas Präsident illegale Wahlkampffinanzierung vor. Dieser wollte ihn des Landes verweisen - und scheiterte.
© Reuters

Jimmy Morales wollte den obersten UN-Korruptionsermittler des Landes verweisen. UN-Generalsekretär Guterres zeigte sich „schockiert“ über das Vorgehen des guatemaltekischen Präsidenten.

Guatemala-Stadt – Guatemalas Verfassungsgericht hat eine umstrittene Maßnahme vom Präsidenten Jimmy Morales zur Entmachtung der Antikorruptionsbehörden gestoppt. In einer eigens einberufenen Sondersitzung legte das Gericht am Sonntag eine Stunden zuvor angekündigte Anordnung von Morales auf Eis.

In ihr war der UN-Korruptionsermittler Ivan Velazquez zur „unerwünschten Person“ erklärt und seine sofortige Ausreise aus dem mittelamerikanischen Land verfügt worden. Der Kolumbianer Velazquez leitet seit Jahren die weltweit als vorbildlich gefeierte Internationale Kommission gegen Straflosigkeit (Cicig) in Guatemala. In der vergangenen Woche hatte die Cicig Korruptionsermittlungen gegen Morales eingeleitet.

Der unerwartete Angriff des Präsidenten auf Velazquez stieß im Land auf heftigen Widerstand. Die Gesundheitsministerin, Lucrecia Hernandez, und weitere Staatsbedienstete traten aus Protest zurück. Die Friedensnobelpreisträgerin von 1992, Rigoberta Menchu, verurteilte energisch den Schritt.

„Guatemala ist nicht allein“, sagte Menchu vor dem Sitz der Cicig. „Ich appelliere dringend an die internationale Gemeinschaft, sich einzuschalten, damit die Straflosigkeit nicht siegt in Guatemala“, schrieb sie auf Twitter. Viele Demonstranten forderten auch vor dem Sitz des Verfassungsgerichts in Guatemala-Stadt dessen Einschreiten.

Guatemala gilt als eines der korruptesten Länder weltweit. Zusammen mit der guatemaltekischen Staatsanwaltschaft hat die UN-gestützte Cicig seit 2007 zahlreiche Korruptionsskandale aufgedeckt; 2015 brachten ihre Ermittlungen zu einem kriminellen Netzwerk im Staatsapparat sogar den damaligen Präsidenten Otto Perez Molina zu Fall. Für seine Arbeit wurden Velazquez und die guatemaltekischen Ermittler sogar für den Nobelpreis gehandelt.

Am Donnerstag hatten der Cicig-Chef Velazquez und die Staatsanwältin Thelma Aldana den seit Jänner 2016 regierenden Morales ins Visier genommen. Sie beschuldigten den früheren TV-Komiker und Schauspieler, seinen Wahlkampf 2015 illegal finanziert zu haben, und beantragten tags darauf die Aufhebung seiner Immunität.

Bereits am Samstag hatte es Proteste vor dem Nationalen Kulturpalast im Zentrum von Guatemala-Stadt gegeben. „Ivan bleibt, Jimmy geht“, riefen Demonstranten. 2015 hatten wochenlange Proteste den Rücktritt des Morales-Vorgängers Perez Molina erzwungen. Der ehemalige Staatschef sitzt heute im Gefängnis. (dpa)