Klettern

Stöhr: “Ich war sehr niedergeschlagen“

Die zweifache Weltmeisterin und 22-fache Weltcup-Siegerin Anna Stöhr blieb in dieser Saison ohne Weltcup-Podestplatz.
© Wilhelm

Jahrelang dominierte Anna Stöhr das Boulder-Geschehen. Nach der zweiten durchwachsenen Saison ist die 29-Jährige am Grübeln. Erst einmal berät sie den Nachwuchs bei der morgen beginnenden Heim-WM.

Von Max Ischia

Innsbruck –So nicht. So wollte Anna Stöhr ihre Boulder-Saison nicht beenden. Nicht mit einem verpassten EM-Halbfinale vor zehn Tagen in München. Nicht mit einem für ihre Ansprüche indiskutablen 29. Platz. Und weil die jahrelange Boulder-Dominatorin schon immer eine Frau der Tat war, rief sie kurzerhand die Organisatoren des Rockmasters in Arco an und fragte um eine Art Wild-Card an. Zufall oder nicht: Es war ein Platz frei beim prestigeträchtigen Einladungsevent nördlich des Gardasees. Dort, wo sie 2011 zu ihrem zweiten WM-Titel geklettert war. 2007 hatte sie in Aviles (ESP) triumphiert.

Vor gut einem Monat erklomm Anna Stöhr den Innsbrucker Stadtturm und genoss die Aussicht.
© Innsbruck Tourismus

Am Samstag boulderte Stöhr dann im achtköpfigen Elitefeld auf Rang vier. „Es hätte mehr sein können, aber bei diesem K.-o.-System darfst du dir keinen Fehler leisten“, sagte sie und ihre Stimmfarbe ließ keine Zweifel offen: Sie hätte gerne mehr gezeigt. „Aber“, warf sie ein, „am Ende ist es mir weniger um das Ergebnis als um ein gutes Gefühl gegangen.“ Denn nach der EM sei sie „sehr niedergeschlagen“ gewesen.

Fast ein Jahrzehnt hat Stöhr wie keine Zweite die Boulder-Szenerie beherrscht, ehe erste Rückschläge kamen. Die WM 2014 in München und damit den Angriff auf ihr drittes Gold musste sie wegen einer hartnäckigen Sehnenscheidenentzündung absagen. Im Sommer darauf riss sie sich beim Weltcup in Vail das Ringband im rechten Ringfinger – eine Verletzung, die sie länger außer Gefecht setzte als angenommen. Bei der Heim-EM im Mai 2015 glänzte sie dann mit Silber. Zwei Wochen später ließ sie in Toronto ihren 22. Weltcupsieg folgen – es sollte bis dato ihr letzter gewesen sein.

Nach den im vergangenen Sommer erfolgreich abgeschlossenen Lehramtsstudien (Englisch und Sport) wollte Stöhr befreit durchstarten – doch es blieb bei Teilerfolgen. Dieser Tage blickt sie auf ihre erste Weltcup-Saison ohne Podestplatz zurück. Das gibt Rätsel auf. Und nicht auf jede Frage gibt es passende Antworten. „Ich habe mich oft stark gefühlt, konnte es aber nicht auf die Wand bringen.“ Vieles, meint sie lapidar, dürfte halt doch Kopfsache sein. Und wo sie sich einst nahezu schwerelos von Erfolg zu Erfolg gehangelt hatte, drückten zuletzt Zweifel und Unsicherheit wie ein imaginärer Rucksack.

Die Frage, ob sie nächstes Jahr fix bei der Heim-Weltmeisterschaft in Innsbruck dabei sein wird, würde Anna dieser Tage am liebsten überhören. Vielmehr will sie sich die notwendige Zeit geben, um die Saison zu analysieren und so manche Enttäuschung zu verarbeiten.

Bei der morgen beginnenden Jugend- und Junioren-WM im neuen Kletterzentrum Innsbruck ist Stöhr als Coach mit von der Partie. „Unsere Teamtrainer Ingo (Filzwieser, Anm.), Martin (Klinger) und Hannes (Brunner) haben natürlich das Sagen, aber ich versuche, unseren Hoffnungen mit guten Tipps den Rücken zu stärken.“

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