Tiroler Mikrobiologin identifizierte Einzeller als Braunalgen-Parasit

Innsbruck (APA) - Die Tiroler Mikrobiologin Sigrid Neuhauser hat einen bisher unbekannten Einzeller als Parasit der größten Braunalgen der W...

Innsbruck (APA) - Die Tiroler Mikrobiologin Sigrid Neuhauser hat einen bisher unbekannten Einzeller als Parasit der größten Braunalgen der Welt identifiziert. Das Phänomen ist bereits seit über 40 Jahren bekannt und betrifft rund zehn Prozent des Bestandes, wurde aber bis dato nicht beschrieben, teilte die Universität Innsbruck am Montag mit. Der Verursacher ist der Gattung der sogenannten Phytomyxea zuzuordnen.

„Phytomyxea sind einzellige Organismen, die sich in der Evolutionsgeschichte als eigenständige Gruppe völlig unabhängig von Tieren, Pflanzen, Algen oder Pilzen entwickelten und somit mit keiner bekannten Gruppe verwandt sind. Sie kommen von Böden bis zum Meer überall vor, sind bisher aber wenig erforscht, obwohl sie großen Schaden anrichten können“, erklärte Neuhauser, die die einzelligen Parasiten „kleine Aliens“ nennt, passend zu ihrem Vorgehen. Sobald diese nämlich ihren Wirt gefunden haben, heften sie sich an die Oberfläche, bilden einen Stachel bzw. ein Rohr und injizieren sie sich selbst in die Zellen, vergleichbar mit einer Spritze, so die Mikrobiologin.

„Ist das geschafft, beginnt die Zellteilung und die Infektion des Gewebes, die sich bei der Braunalge in der Ausbildung der gelben Gallen äußert“, erläuterte Neuhauser. Diese harten Wucherungen führen zu einer Destabilisierung der bis zu zehn Meter langen Seetangart aus der Gattung der Braunalgen (Durvillea antarctica), die auch „bull kelp“ genannt wird und vor allem in der südlichen Hemisphäre riesige Tangwälder bildet. „Der wenige tausendstel Millimeter große Parasit ist also in der Lage, eine der größten Algen der Erde zu befallen und massiv zu schädigen“.

Die Algen hätten sich in den vergangenen Jahren nicht nur zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, sondern erfüllten eine wichtige Funktion im Ökosystem. Tangwälder nehmen Einfluss auf Meeresströmungen und sind ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner. Daher sei das Verständnis der Probleme dieser Lebewesen umso wichtiger.

Konkrete Strategien zur Bekämpfung dieser Parasiten gebe es derzeit nicht, so Neuhauser: „Wir müssen die Arten zunächst besser verstehen lernen. Den Fischern vor Ort haben wir aber empfohlen, die befallenen Teile der Alge zumindest nicht mehr zurück ins Meer zu werfen, da sie sich sonst natürlich weiterverbreiten“. Abgerissene Teile könnten tausende Kilometer weit driften und an anderen Stellen der Erde Tangwälder infizieren. Etwa seien Funde aus anderen Ländern wie die Färöer-Inseln, Neuseeland oder sogar Australien gemeldet worden. Künftige Bekämpfungsstrategien könnten vor allem in der Züchtung besonders resistenter Individuen liegen, weniger in der direkten Behandlung bereits befallener Algen, meinte Neuhauser: „Diese Strategien stehen aber alle noch am Anfang. In der Schädlingsbekämpfung ist alles auf Pilze und Bakterien ausgerichtet, das funktioniert bei den Phytomyxea aber leider nicht“.