Strolz: “Kein Beauty-Contest, sondern der Nationalrat“
NEOS-Chef Matthias Strolz will bundesweit zweistellig werden und in Tirol ein Mandat. Gestern rief er zum Wahlkampfauftakt nach Hall.
Von Anita Heubacher
Hall — Matthias Strolz verteilt im Wahlkampf nicht nur Kugelschreiber, sondern auch sein Buch „Mein neues Österreich", das laut Klappentext eine Mischung aus persönlichen Einblicken, couragierten Visionen und ansteckendem Aktivismus enthält. In Hall lud der NEOS-Gründer und Vorsitzende Strolz gestern zum Wahlkampfauftakt nicht auf den Stadtplatz, sondern in ein Hotel. Rund 60 Sympathisanten folgten dem Ruf.
Hotelier ist auch der Spitzenkandidat der NEOS in Tirol, Dominik Oberhofer. Erreicht die pinke Partei in Tirol 6,7 Prozent, kommt Oberhofer in den Nationalrat. Für seinen Mitstreiter, den ehemaligen Haller Finanzstadtrat Johannes Margreiter, wird es schwieriger. Er ist auf der Bundesliste auf Platz 11 und müsste darauf hoffen, dass viele der vor ihm Platzierten ein Landesmandat annehmen und er dadurch ins Parlament rutscht. Gestern in Hall versuchten Strolz, Oberhofer und Margreiter Lust auf Politik und Lust auf die NEOS zu machen.
Herr Strolz, Ihre Wahlplakate zeigen nicht Sie, sondern irgendwen samt Spiegelschrift. Ist das als Gegenpol zu anderen Parteien zu sehen, die auf den Promi-Faktor setzen?
Matthias Strolz: Wir sind eine BürgerInnenbewegung, die die Anliegen der Menschen hochhält. Wir waren zuerst 40, die es nicht mehr auf den Sesseln ausgehalten und gesagt haben, Politik geht besser. Und heute sind wir Tausende. Wir wollten noch einmal herauskehren, dass wir keinen Bünden oder der Gewerkschaft verpflichtet sind, sondern den Bürgern.
Darauf, eine Bewegung sein zu wollen, setzt auch der neue Obmann der ÖVP, Sebastian Kurz.
Strolz: Ja, aber so leicht geht das nicht. So sind leider im Bildungsbereich auch unter der neuen Obmannschaft die Landeshauptleute zum jeweiligen Chef der Landesbildungsbehörde gemacht geworden. Das halte ich für jenseitig. Das ist nicht aus der Perspektive der Schüler und Eltern gedacht, sondern Schulpolitik mit dem Parteibuch. Es geht darum, die 6000 Direktorenposten zu besetzen und maximalen Einfluss auf die 120.000 Lehrer zu haben.
Setzen die NEOS außer auf die Juristin Irmgard Griss noch auf weitere Quereinsteiger?
Strolz: Wir setzen auf Allianzen, wie wir sie beispielsweise mit dem Datenschutz-Aktivisten Max Schrems eingegangen sind. Er berät uns beim Thema Digitalisierung. Bei uns geht es nicht nur um prominente Namen, sondern wir wollen auch Kompetenzen mit an Bord holen. Ohne Kompetenz geht es nicht. Wir sind ja hier kein Beauty-Contest, sondern es geht um den Nationalrat. Aber ich will niemandem der Mitbewerber die Kompetenz abstreiten.
Ist Tirol für die NEOS ein schwierigeres Pflaster, weil es hier schon viel Erfahrung mit Bewegungen oder neuen Parteien gibt?
Strolz: Ich finde, dass Tirol für uns immer ein guter Boden war in den ersten Jahren. Das hat vielleicht mit unseren westösterreichischen Wurzeln zu tun. Wir sind selbst aber in der Pflicht, den Boden zu bewirtschaften.
Jahrelang waren die NEOS allerdings kaum spürbar oder sichtbar in Tirol.
Strolz: Wir hatten Anlaufschwierigkeiten. Das stimmt. Tirol ist das letzte Bundesland, wo wir noch an keiner Wahl teilgenommen haben. Die Gemeinderatswahlen 2016 hatten wir ausgelassen, um einmal durchatmen zu können. Der Aufbau hätte schneller gehen können. Jetzt sind wir sehr präsent.
Werden die NEOS bei der Landtagswahl im Februar 2018 antreten?
Strolz: Es braucht noch einen Formalbeschluss und die Einbindung der Gremien. Im Oktober, November werden wir da eine Entscheidung fällen. Ich finde, es läge nahe, anzutreten. Ich will aber den Gremien nicht vorgreifen. Wir sind eine gute Kombination aus Aufbegehren, aber trotzdem Verlässlichkeit. Ich glaube, das haben wir im Nationalrat gezeigt.
Am 15. Oktober sollen die Tiroler wählen und auch über Olympia abstimmen. Sind Sie für oder gegen die Bewerbung Tirols?
Strolz: Wir sind noch im Meinungsfindungsprozess. Ich persönlich meine, dass es eine Chance ist für Tirol und eine Chance für Olympia zur Redimensionierung. Ich finde es keck, dass es keine Bewerbung ist, sondern ein Angebot, das Tirol an das IOC macht.
Ein Schauplatz der Innenpolitik ist der Brenner geworden. Was halten Sie davon, dass das Bundesheer jetzt zusammen mit der Polizei im Hinterland kontrolliert?
Strolz: Die Ansage mit den Panzern am Brenner habe ich geschmacklos gefunden. Wenn die Kontrolle an den EU-Außengrenzen nicht funktioniert, bin ich für Kontrollen in Notsituationen. Das Problem, das ich mit ÖVP und SPÖ habe, ist, sie verlängern andauernd die Not. Ich vermisse europäische Initiativen von beiden Parteien.
Bei den letzten Nationalratswahlen 2013 hatten die NEOS 4,9 Prozent in Tirol. Was ist dieses Mal Ihr Ziel für Tirol?
Strolz: Entschlossen wachsen, sowohl auf Bundesebene als auch in Tirol. Ich möchte in Richtung Zweistelligkeit und zehn Prozent. Wir haben mit unseren fünf Prozent im Parlament viel bewirkt. In Tirol liegt das Landesmandat bei 6,7 Prozent. Das wäre schön.