Nordkorea-Konflikt

Japan warnte Bevölkerung per SMS vor nordkoreanischer Rakete

Die Rakete flog über Japan hinweg und stürzte ins Meer.
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Erstmals seit 2009 flog eine nordkoreanische Rakete über japanischen Boden. Im Norden des Landes suchten Pendler Zuflucht in U-Bahn-Stationen. US-Präsident Trump brachte erneut eine mögliche militärische Antwort aufs Tapet.

Tokio – Nach einem neuen nordkoreanischen Raketentest hat US-Präsident Donald Trump das abgeschottete Land als zunehmende Bedrohung für die Welt bezeichnet und erneut eine militärische Antwort nicht ausgeschlossen. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, erklärte er am Dienstag.

Die Anleger an der Börse reagierten nervös.
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Russland und China forderten von Nordkorea, die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats zu respektieren. Diese verbieten Nordkorea den Bau von Atomwaffen und Raketen. Das Gremium sollte noch im Laufe des Tages zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Die von Nordkorea am frühen Morgen abgefeuerte Mittelstreckenrakete flog über Japan und ging östlich der Insel Hokkaido im Pazifik nieder.

„Zunehmende direkte Bedrohung“

Nordkorea habe „seine Verachtung für seine Nachbarn, für alle Mitglieder der Vereinten Nationen und für die Mindeststandards für annehmbares Verhalten“ auf internationaler Ebene signalisiert, erklärte Trump. Bei einem Telefongespräch mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe seien sich beide einig gewesen, dass das Land „eine schwere und zunehmende, direkte Bedrohung für die USA, Japan, Südkorea sowie für Länder auf der ganzen Welt“ darstelle. Abe hatte zuvor erklärt, der Druck auf Nordkorea müsse erhöht werden. Unterstützung dafür kam aus Seoul.

Kim Jong-Un hat mit dem jüngsten Raketentest den Bogen überspannt.
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Der nordkoreanische Botschafter bei der UNO in Genf, Han Tae-song, warf den USA dagegen vor, die koreanische Halbinsel auf eine „extrem starke Explosion“ zuzutreiben. Daher habe sein Land „jedes Recht, mit harten Gegenmaßnahmen sein Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch zu nehmen“, sagte er. „Die USA sollten komplett die Verantwortung für die katastrophalen Konsequenzen tragen, die daraus folgen.“

Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte Nordkorea auf, die Resolution des Sicherheitsrates zu beachten. Zugleich appellierte Russland an Nordkorea, jegliche weitere provokative Aktionen zu unterlassen. Die USA und deren Verbündete sollten ihrerseits eine militärische Eskalation in der Region vermeiden. China rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf.

Japans Premier Shinzo Abe nahm zu den Raketentests Stellung.
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Raketenwarnung per SMS

Die Behörden in Japan haben am Dienstag die Bevölkerung des Landes vor nordkoreanischen Raketen gewarnt - per SMS und Hinweisen am Bahnhof. „Rakete fliegt vorbei, Rakete fliegt vorbei“, hieß es in einer Textnachricht, die Japaner im Norden des Landes erhielten. Bahnfahrer sahen auf Anzeigetafeln den Hinweis: „Alle Verbindungen gestört. Grund: Ballistische Rakete gestartet.“ Berufspendler in der nördlichen Millionenstadt Sapporo suchten deshalb Zuflucht in U-Bahn-Stationen.

In einer weiteren Warn-SMS der Behörden an die Japaner hieß es: „Wenn Sie verdächtige Objekte finden, gehen Sie bitte nicht in deren Nähe, und rufen Sie auf der Stelle die Polizei oder die Feuerwehr.“ Auch um die Hauptstadt Tokio herum kam der Zugverkehr teilweise zum Erliegen. Als Grund wurde auch hier angegeben: „Aktuell fliegt eine nordkoreanische Rakete über Japan vorbei.“

Das japanische Militär versuchte nicht, die Mittelstreckenrakete abzuschießen. Verteidigungsminister Itsunori Onodera sagte, das Geschoß sei vermutlich in drei Teile zerbrochen und dann 1.180 Kilometer östlich von Hokkaido in den Pazifik gestürzt. Südkorea teilte mit, die Rakete sei in der Nähe der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang abgefeuert worden, insgesamt 2.700 Kilometer geflogen und habe dabei eine Höhe von rund 550 Kilometer erreicht. In Südkorea findet gegenwärtig ein Militärmanöver mit den USA statt. Dort übten Kampfjets nach offiziellen Angaben als Reaktion auf die abgefeuerte Rakete demonstrativ den Abwurf von Bomben.

Russischer Politiker: Nordkorea blufft nicht

Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im russischen Föderationsrat, Konstantin Kossatschew, erklärte, der Raketentest zeige, dass Nordkorea nicht bluffe mit seiner Drohung, die US-Insel Guam ins Visier zu nehmen. Die Führung in Pjöngjang hatte Anfang August mit einem präventiven Raketenangriff auf die 3.500 Kilometer von Nordkorea entfernte Pazifikinsel gedroht, wenn es Anzeichen für eine Provokation seitens der USA gebe. Entsprechende Einsatzpläne würden vorbereitet. Trump erklärte daraufhin, er würde darauf mit „Feuer und Zorn“ reagieren. Die USA nutzen Guam als militärischen Vorposten. Neben B-52-Langstreckenbombern sind dort auch ein U-Boot-Verband und Tausende Soldaten stationiert.

Der Konflikt über Nordkoreas Raketenprogramm hatte sich deutlich zugespitzt, nachdem Pjöngjang im Juli zwei Interkontinentalraketen testete, die womöglich auch Ziele auf dem US-Festland erreichen könnten. Der UNO-Sicherheitsrat beschloss daraufhin einmal mehr eine Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen das Land. Einige Experten gehen davon aus, dass Nordkorea mit den Raketentests die USA an den Verhandlungstisch zwingen wolle. Nordkorea glaube, dass der Weg zum Dialog frei werde, wenn es seine Fähigkeiten demonstriere, sagte Masao Okonogi von der japanischen Keio Universität. „Der Rest der Welt versteht diese Logik aber nicht“, sagte er. „Und das macht die Sache nicht leicht.“ (TT.com, APA/Reuters/dpa/AFP)