Meistverfolgte Minderheit: Muslimische Rohingya in Myanmar
Wien (APA) - Sie gelten als eine der meistverfolgten ethnischen Minderheiten der Welt: Die Rohingya sind eine muslimische Bevölkerungsgruppe...
Wien (APA) - Sie gelten als eine der meistverfolgten ethnischen Minderheiten der Welt: Die Rohingya sind eine muslimische Bevölkerungsgruppe im buddhistischen Myanmar (Burma). Ihre Zahl dort wird auf rund eine Million geschätzt, die Behörden Myanmars verweigern ihnen aber seit jeher die Staatsbürgerschaft und die grundlegenden Bürgerrechte.
Während die Rohingya selbst für sich in Anspruch nehmen, seit Jahrhunderten in Myanmar ansässig zu sein, werden sie von den staatlichen Autoritäten als „Mitbringsel“der britischen Kolonialherren aus dem heutigen Bangladesch betrachtet. Sie siedeln vorwiegend in der Rakhine- oder Rakhaing-Region am Golf von Bengalen.
Gegenüber der zu fast 90 Prozent buddhistischen Mehrheitsbevölkerung sind die Rohingya seit Jahrzehnten massiven Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit, einem erschwerten Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen, Enteignung und Zwangsarbeit unterworfen. Schon in der Vergangenheit sahen sich deshalb viele Angehörige der Minderheit zur Flucht gezwungen.
In den 1960er und 70er-Jahren fanden hundertausende Rohingya einen sicheren Hafen in Saudi-Arabien, mit dem Tod des damaligen Königs Faisal änderte sich aber auch dort die Haltung gegenüber den Flüchtlingen, die man jetzt wieder verstärkt loswerden möchte. Zwei Wellen mit je rund einer Viertelmillion Rohingya-Flüchtlingen trafen 1978 und in den Jahren 1991 und 1992 in Bangladesch ein, von denen die meisten später wieder zurückkehren konnten. Zehntausende flohen mit Hilfe von Schleppern über das Meer nach Malaysia, Thailand und Indonesien.
Seit dem Ende der burmesischen Militärdiktatur 2011 schüren vor allem nationalistische buddhistische Mönche den Hass auf die muslimische Minderheit - eine Tatsache, die im Rest der Welt, der den Buddhismus als Religion des Friedens und der Toleranz zu kennen glaubt, wenig wahrgenommen wird. 2012 kamen bei schweren Unruhen Dutzende Menschen ums Leben, zehntausende wurden aus ihren Häusern vertrieben und von den Behörden in Lager gepfercht.
Im Oktober 2016 kamen bei Angriffen auf Grenzposten zu Bangladesch mehrere Menschen ums Leben. Die Attacken wurden radikalisierten Rohingya-Rebellen zugeschrieben, die Armee startete daraufhin eine Offensive. Zehntausende Menschen flohen vor den Kämpfen. Nach mehreren weiteren tödlichen Attacken verlegte die Armee Mitte August weitere Truppen in die Region. Augenzeugen, denen die Flucht gelang sowie Menschenrechtsgruppen berichten von Vertreibungen, Morden, Massenvergewaltigungen und Folter durch die Soldaten. Seitdem versuchen die Rohingya wieder zu Zehntausenden, über die Grenze nach Bangladesch zu fliehen, dass sich zunehmend überfordert sieht.
Die Vereinten Nationen haben Myanmar wiederholt eindringlich zur Achtung der Menschenrechte der Rohingya aufgerufen. Allerdings hat sich auch die Hoffnung nicht erfüllt, mit dem Ende der Militärdiktatur und der (teilweisen) Machtübernahme durch die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi werde sich ihre Lage verbessern. Auch Suu Kyi weigerte sich bis jetzt - mutmaßlich im Hinblick auf die mehrheitlich moslemfeindliche Stimmung in der Bevölkerung sowie das im Hintergrund noch immer einflussreiche Militär -, den Rohingya mehr Rechte zuzugestehen und spricht jetzt vom Einsatz gegen „Terroristen“. Ein Ende der Spirale aus Marginalisierung, Diskriminierung und Radikalisierung ist also nicht in Sicht.
( 0877-17, 88 x 72 mm)