Muslimische Minderheit

Gewaltwelle erschüttert Myanmar: Tausende Rohingya auf der Flucht

Flüchtlinge von der Volksgruppe der Rohingya in einem provisorischen Camp in Bangladesh.
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Nach UNO-Angaben sind mindestens 5200 Angehörige der muslimischen Minderheit nach Bangladesch geflüchtet. Tausende hielten sich zudem im Grenzgebiet auf.

Rangun/Genf - Nach der neuen Gewaltwelle im der Unruheregion Rakhine im südostasiatischen Myanmar sind nach UNO-Angaben mindestens 5200 Menschen in das Nachbarland Bangladesch geflüchtet. Tausende Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya hielten sich zudem im Grenzgebiet auf, berichtete ein Sprecher des UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) am Dienstag in Genf.

Die jüngsten Kämpfe brachen nach mehreren Angriffen von Rohingya gegen Polizei- und Militärposten aus. Dabei und bei anschließenden Kämpfen kamen nach Angaben der Regierung mindestens 71 Menschen um. Tausende Rohingya flüchteten. Der UNHCR-Sprecher appellierte an Bangladesch, die Menschen aufzunehmen. Es sei mit weiteren Flüchtlingen zu rechnen.

Die Rhakine-Region ist von Militär weitgehend abgeriegelt. Das UNHCR appellierte auch an die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, humanitäre Hilfe zuzulassen. Suu Kyi ist Außenministerin, weil die Verfassung ihr das Präsidentenamt verwehrt, leitet aber de facto die Regierung.

Experte sieht Schuld bei Regierung Myanmars

Die Eskalation der Lage ist für Ulrich Delius, Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker, seit langem absehbar. Gegenüber der APA erklärte er am Dienstag, dass dies eine „klare Folge des Handelns der Regierung Myanmars“ sei. Die Rohingya sind laut UNO die am stärksten verfolgte Minderheit der Welt.

Für die Eskalation macht Delius die Regierung Myanmars verantwortlich. „Experten haben seit Jahren davor gewarnt, dass es, wenn die Rohingya-Krise nicht politisch gelöst wird, zu einer militärischen Eskalation kommen wird“, erklärte er.

Der Konflikt um das Volk, das vor allem in der Grenzregion zu Bangladesch lebt, hat laut Delius lange zurückreichende Ursachen und werde instrumentalisiert. Es sei ein Machtkampf zwischen Militär und Regierung: „Wir stehen vor einer Machtprobe zwischen dem Militär, das immer wieder behauptet hat, die Rohingya sind nicht Bestandteil der Nationalitätenstruktur des Landes, sondern eingewanderte bengalische Migranten, und der Regierung , die hin- und hergerissen ist, wie sie sich verhalten soll.“

Myanmars De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi übernehme immer mehr die Position des Militärs, da sie es für die „komplexe Konstruktion der Demokratisierung Myanmars weiter braucht“. Sie schließe sich der Argumentation an, dass „die Rohingya nicht Teil der Bevölkerung Myanmars seien und nicht als Staatsbürger anerkannt werden“, so Delius. „Wir sehen das als großes Problem, weil die Rechte der Rohingya, rund einer Million Menschen, vor dem Ausverkauf stehen.“ (APA/dpa)