Volkstheater: Felix Hafner hat keine „Höllenangst“ vor Nestroy
Wien (APA) - Seit seiner gefeierten Volkstheater-Inszenierung von Molières „Der Menschenfeind“ im Oktober des Vorjahres gilt der 25-jährige ...
Wien (APA) - Seit seiner gefeierten Volkstheater-Inszenierung von Molières „Der Menschenfeind“ im Oktober des Vorjahres gilt der 25-jährige Felix Hafner als eines der großen heimischen Regietalente. Der Sprung nach Deutschland gelingt ihm in dieser Saison mit gleich zwei Produktionen. Zunächst wagt er sich aber im Volkstheater an Nestroy. Am 23. September hat seine Inszenierung von „Höllenangst“ Premiere.
„Ich hoffe, dass das ein Abend wird, von dem nicht nur Nestroy-Kenner etwas haben, sondern an dem man etwas erleben kann, und der einem etwas erzählt“, sagt Hafner im Gespräch mit der APA. Ein Handicap hat der Steirer bereits registriert: „Alle in Wien wissen, wie Nestroy geht. Selbst der Taxifahrer.“ Der junge Regisseur, der schon kurz nach seiner Diplominszenierung von Jura Soyfers „Astoria“ am Max Reinhardt Seminar mit der Österreichischen Erstaufführung von Thomas Köcks „Isabelle H. (geopfert wird immer)“ im Volx/Margareten eine erste Talentprobe ablegen konnte, behauptet nicht, das ultimative Nestroy-Rezept zu haben, aber „ich hab einen Gedanken, wie man Nestroy heute spielen kann. Es ist mir ein Bedürfnis, ihn so auf die Bühne zu bringen, dass der tatsächliche radikale Gedanke und der politische Background, aus dem das Ganze entsteht, nicht unterschätzt wird. Denn das hat mich bei vielen Nestroy-Arbeiten, die ich gesehen habe, am meisten gestört.“
Der Background der 1849 uraufgeführten Posse „Höllenangst“ ist die gescheiterte Revolution von 1848. Der Glaube der einfachen Leute wie der Familie des Schusters Pfrim (Günter Franzmeier) und seines Sohnes Wendelin (Thomas Frank) an die Veränderbarkeit der Welt ist erschüttert. „Wendelin sieht seine Welt als ungerecht und brutal, als Teufelswelt, mit der man sich verbünden muss, um weiterzukommen.“ Das führt zu einem Teufelspakt, der an Goethes „Faust“ erinnert, in dem aber ein junger, verliebter Oberrichter für den Teufel gehalten wird.
Hafner möchte einen Nestroy auf die Bühne bringen, der eingefahrene Wege vermeidet. Dafür sollen u.a. der bei der Band „5/8erl in Ehr‘n“ tätige Musiker und Komponisten Clemens Wenger („Er komponiert die Couplets neu und liefert Theatermusik und Sounds für den ganzen Abend.“) sowie der freche „Willkommen Österreich“-Außenreporter Peter Klien, der neue Couplet-Texte beisteuert, sorgen. Hafners zentraler Zugriffspunkt auf das Stück ist jedoch Nestroys Sprache. „Die Aussage, die Kritik, die Figurengestaltung - alles liegt in der Sprache. Sie ist es, die seine Stücke zu Weltliteratur macht. Es ist eine sich erfindendende Sprache, die sich in Wortbedeutungen und Neuschöpfungen um sich selbst dreht und über die Sprache den Grundstein eines Stückes legt.“
Hafner formuliert bedächtig und wirkt gar nicht wie ein mit Selbstbewusstsein vollgepumpter Regie-Jungstar. Hat er nie Probleme, sich auf der Probe durchzusetzen? Er lächelt über die Frage. Natürlich habe jede künstlerische Arbeit auch ihre krisenhaften Momente, sagt er, und natürlich sei die Arbeit mit großem Ensemble auf großer Bühne komplex. Aber es gehe darum, Überforderung in Herausforderung umwandeln. „Es geht nicht um Alter, sondern um Erfahrung. Und das Beste ist es, die Erfahrung, die im Ensemble vorhanden ist, zu nutzen.“
Nach „Höllenangst“ wird auch Hafner in jedem Fall eine Erfahrung reicher sein. Es scheint übrigens ein Stück mit besonderem Potenzial zu sein. Seinem Regie-Lehrer Martin Kusej trug eine „Höllenangst“-Inszenierung 2006 drei Nestroy-Preise ein, und Susanne Lietzow erhielt 2014 für ihre Produktion am Linzer Theater Phönix den Bundesländer-Nestroy. Noch ein Grund also, keine Höllenangst vor der Zukunft zu haben.
(S E R V I C E - „Höllenangst“ von Johann Nepomuk Nestroy mit Couplets von Peter Klien (Text) und Clemens Wenger (Musik), Regie: Felix Hafner, Bühne: Camilla Hägebarth, Kostüme: Johanna Hlawica. Mit Gabor Biedermann - Freiherr von Reichthal, Thomas Frank - Wendelin, Günter Franzmeier - Pfrim, Isabella Knöll - Rosalie, Laura Laufenberg - Baronesse Adele von Stromberg, Kaspar Locher - von Arnstedt, Valentin Postlmayr - Johann, Christoph Rothenbuchner - von Thurming, Claudia Sabitzer - Eva, Stefan Suske - Freiherr von Stromberg, Luka Vlatkovic - Ignaz, Volkstheater Wien, Premiere am 23.9., 19.30 Uhr, Nächste Vorstellungen: 27., 30.9., Karten: 01 / 52111-400, www.volkstheater.at)