Ars Electronica: Stocker sieht Plattform-Gedanken als Grund-DNA 1

Linz (APA) - Das Ars Electronica Festival 2017 „AI - Das andere Ich“ in Linz steht in den Startlöchern (7. bis 11. September). Die APA sprac...

Linz (APA) - Das Ars Electronica Festival 2017 „AI - Das andere Ich“ in Linz steht in den Startlöchern (7. bis 11. September). Die APA sprach mit Gerfried Stocker, seit 1995 künstlerischer Leiter der Ars Electronica, über künstliche Intelligenz, den Umgang der Gesellschaft damit, das Scheinwerferlicht der Digitalisierung sowie den ständig wachsenden Umfang des Festivals.

APA: Herr Stocker, bleibt die Post City am Linzer Bahnhof - zum dritten Mal findet die Ars im ehemaligen Postverteilzentrum statt - das Terrain der Ars Electronica?

Gerfried Stocker: Das hängt von vielen Faktoren ab, an erster Stelle von der weiteren Entwicklung dieser Immobilie. Es ist auch eine Positionierungsfrage von Ars Electronica. Wir haben jetzt ein riesiges Interesse. 15 Galerien sind zum ersten Mal dabei, 16 internationale Universitäten stellen aus. Wir haben 1.050 Leute, die bei der Ars als Präsentatoren mitwirken.

APA: Inwieweit ist das noch machbar?

Stocker: Über zwei Drittel (Anm.: rund 3,2 Mio. Euro) des Gesamtprogramms wird von Partnern direkt finanziert, aber wir müssen das alles vorbereiten, die Logistik bereitstellen. Das bewegt sich schön langsam Richtung Plafond.

APA: Wie weit kann man wachsen, ohne dass es einem aus den Händen gleitet?

Stocker: Unsere Leute sind super, was das Organisatorische anbelangt. Vor drei, vier Jahren hätte ich mir sicher nicht vorstellen können, dass wir ein Festival in dieser Größe auf die Beine stellen können, obwohl wir die gleichen Budgets haben wie vor zehn Jahren. Aber es ist mittlerweile so groß und umfangreich, dass es keine einzelne Person gibt, auch mich nicht, die behaupten könnte, dass sie jedes einzelne Projekt im Detail kennt.

APA: Wie lang war das möglich?

Stocker: Bis 2013 war das durchaus noch so, dass ich und Martin Honzik, eben das Führungsteam, jedes Projekt im Detail kannten, aber 2014, als wir das erste Mal in die Stadt hineingegangen sind, war es nur mehr so zu schaukeln, dass wir für jede Sparte Kuratoren eingesetzt haben.

APA: Die Ars Electronica hat beim Festival eine Rolle als Netzwerker und Mittler?

Stocker: Plattform und Ökosystem sind unsere Schlagworte dafür. Das ist, worauf wir uns ganz stark spezialisieren, und es ist wirklich großartig. Wir haben unter anderem die Konferenz mit den Flüchtlingshelfern, die österreichische Tourismustagung, das ist genau das, was unsere Zeit braucht. Diese digitale Invasion, die wir gerade erleben, ist eine, die vor nichts Halt macht. Deshalb sind die Firmen genauso vertreten wie die kritischen Aktivisten, die Künstler, die Wissenschaften. Das ist diese Grund-DNA von Ars Electronica, immer zwischen diesem Dreieck zu sein, die fängt jetzt so richtig zu wirken an. Da merkt man, wir haben genau das richtige Rezept um diese Leute zusammenzubringen.

APA: Das heißt, die Leute sind erst jetzt wirklich bereit für Ars Electronica?

Stocker: Es ist jetzt einfach die Zeit, wo viele Leute bemerken, dass es Handlungsbedarf gibt. Wir profitieren jetzt auch davon, dass man sehr früh begonnen hat, sich nicht nur mit digitalen Medien zu beschäftigen, sondern dass sich auch diese Plattform-Charakteristik gebildet hat. Darum passt es im Moment recht gut, dass wir diese riesige Dimension haben. Aber wir haben auch die eher elitären, avantgardistischen Programmteile wie das Animation Festival oder den Innovators Summit, die ja der Kern der Ars Electronica sind, gepflegt und weiter ausgebaut, so dass wir uns keine Sorge zu machen brauchen, wenn dieses große Scheinwerferlicht, das Digitalisierung mit sich bringt, wieder mal woanders hingeht, wir verlieren unsere Basis nicht.

APA: In Alpbach wurde ein Roboter-Rat gegründet, der sich mit den Fragen der künstlichen Intelligenz beschäftigen soll, ist das nicht reichlich spät?

Stocker: Gedanken macht man sich ja schon lang. Das frühe Gedanken machen ist etwas, wofür die Ars Electronica da ist, wenn es handfest wird, kommen so Dinge, dass in Alpbach Politiker drüber reden. Es ist noch nicht zu spät, aber es ist wichtig, dass es nicht ein schönes Lippenbekenntnis bleibt, sondern dass es auf den Ebenen Politik, Wirtschaft und von den Experten weiter betrieben wird, dass man auch darüber nachdenkt, das könnten Roboter zwar, aber das wollen wir nicht. Das ist, was wir beim Internet versäumt haben, da war nur „Super, juhu, das geht alles“. Jetzt rudern wir im Nachhinein wie die Blöden, dass wir das eine oder andere in den Griff kriegen. Bei AI müssen wir die Chance nutzen und anfangen, das so zu gestalten, dass diese ganzen Angstvorstellungen, die sicher nicht unberechtigt sind, nicht eintreten.