Unterwurzacher ist bei der WM mit der Faust auf Angriff gepolt
Kathrin Unterwurzacher geht heute (16 Uhr, live ORF Sport Plus) bei der Judo-WM in Budapest auf Medaillenjagd. Die TT begleitete die Innsbruckerin am Tag vor ihrem Kampf um die erste WM-Medaille.
Aus Budapest: Benjamin Kiechl
Budapest –„Eigentlich dürfen Journalisten hier nicht hinein!“, sagt Kathrin Unterwurzacher mit einem Lächeln. Doch wer sollte sich der Judo-Kämpferin in den Weg stellen? Sie geht voraus, unter der riesigen Video-Leinwand hindurch, lässt die Security-Dame links liegen und lüftet spielerisch das Geheimnis hinter einem dicken Vorhang: der Aufwärmbereich für die Athleten. Zwei Matten, wahllos im Raum verteilte Gepäckstücke, Sportler im Jogger oder im Kimono. „Hier in dieser Ecke sind wir Österreicher. Dort drüben lasse ich mich vor der Abwaage massieren.“ Eines der Rituale, die bei der WM in Budapest zum Erfolg führen sollen.
Unmittelbar vor den Kämpfen knistert im Athletenbereich die Luft. Und so mancher soll – ähnlich wie bei den Skispringern – vor der Anzugkontrolle zittern: „Ist der Kimono zu kurz geschnitten, wird man disqualifiziert“, weiß die Tirolerin. Die 25-Jährige, deren beste WM-Platzierung bisher ein siebter Platz ist, nimmt sich am Mittwochnachmittag in Ruhe Zeit für ein Gespräch. Eine Bedingung gibt es aber: „Kein Foto vor dem Wettkampf, das hat noch nie Glück gebracht.“ Das Ritual wird befolgt, wer sollte sich ihr widersetzen?
Die Olympia-Siebte von Rio lässt sich mit ihrem roten Trainingsanzug auf einem der Sitze in der Halle nieder, schlägt die Beine locker übereinander. „Der Sessel ist bequemer als das viel zu schmale Bett in unserem Teamhotel. Ich weiß nicht, wie die Schwergewichtler das schaffen“, sagt sie achselzuckend und nimmt einen Schluck Wasser. Gegessen wird erst nach der Abwaage um 20 Uhr. Reis oder Kartoffeln – Hauptsache Kohlenhydrate.
Heute (Finalblock 16 Uhr/live ORF Sport Plus) hat sie ihren großen Auftritt. Kampf Nummer 18, Matte 3 lauten die Koordinaten. Im weißen Anzug ist die Heeressportlerin auf Angriff gepolt. Ihre Auftaktgegnerin verputzt sie quasi zum Frühstück. „Ich teile die Auslosung immer erst in der Früh mit, das hat sich bewährt und die Athletinnen schlafen ruhiger“, erklärt ein bestens gelaunter Frauen-Cheftrainer Marko Spittka. Nach einem Freilos in Runde eins trifft sie auf die Siegerin der Begegnung zwischen Estefania García (ECU) und Ketleyn Quadros (BRA). „Das sind beides große Bonbons“, so Coach Spittka, der förmlich spüre, dass es bei dieser WM etwas zu holen gebe. Die Verlockung der ersten WM-Medaille seit 2010 (Bronze durch Filzmoser) sei groß. Auch die Wienerin Magdalena Krssakova will sich beweisen.
Die erklärte Medaillenhoffnung bleibt Kathrin Unterwurzacher, die Nummer 2 der Weltrangliste (bis 63 kg). Spittka: „Sie hat unglaublich viel trainiert, kein Fleiß ist umsonst.“ Anfeuerungsrufe kommen von Bernadette Graf (bis 78 kg), die morgen an der Reihe ist. Die Freundinnen haben vor dem Wettkampf ihr ganz eigenes Ritual: „Wir geben uns die Ghetto-Faust.“