Rekord-Schmelze der Gletscher bahnt sich an
Der Sommer setzt den Gletschern zu. Einige der Eisriesen sind komplett ausgeapert.
Innsbruck –Wer an Tirol denkt, denkt automatisch an hohe Berge. Und ein fester Bestandteil dieser mächtigen alpinen Landschaft sind die Gletscher; ein Bestandteil, der bald verschwunden sein wird. „Auch wenn man jetzt – zum Beispiel durch CO2-Einsparungen – den vom Klimawandel ausgehenden Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius abbremst, werden die Alpengletscher verschwinden“, sagt Andrea Fischer, Glaziologin am Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaft. Denn: „Die Ausdehnung der Gletscher hat sich noch nicht einmal auf das aktuelle Temperaturniveau eingependelt.“
In diesem Jahr ist der Prozess besonders rasch vorangeschritten, wie sie berichtet. „Erste Messergebnisse deuten an, dass es ein Rekord-Jahr wird. Der bisherige, die Gletscherschmelze betreffende Extremwert aus dem Jahr 2015 wird wohl übertroffen werden.“ Seit Anfang August gebe es Gletscher, wie etwa den Jamtalferner in der Silvretta, die fast komplett ausgeapert seien.
Den Rekordrückgang führt Fischer auf zwei Faktoren zurück. Einerseits den überdurchschnittlich heißen Sommer. Andererseits sei im letzten Winter „relativ wenig Schnee gefallen. Grundsätzlich hat der zurückliegende Winter sehr spät begonnen.“ Genaue Daten – etwa welche Gletscher wie viel an Masse verloren haben – lägen aber noch nicht vor.
Kurzfristig, prophezeit die Gletscherforscherin, werde das Verschwinden der Eisriesen zu gefährlichen Situationen in den Bergen führen. „Erdreich und Geröll sind in diesen Gebieten sehr instabil. Erhöhte Steinschlag- und Murengefahr sind zu erwarten. Aber das Nachrücken der Vegetation geht relativ schnell voran. Wenn Bäume und Gräser nachwachsen, stabilisiert sich das Gelände.“ Langfristig gesehen sei der Vorgang aber ein natürlicher. „Gletscher entstehen und Gletscher verschwinden. Welchen Anteil der durch den Menschen verursachte Klimawandel dabei hat, ist noch nicht endgültig erforscht.“ Wasserknappheit, wie manche befürchten, werde es in Tirol jedenfalls keine geben: „Das ist ausgeschlossen.“ (bfk)