Meyerhoff „Schauspieler des Jahres“, Volksbühnen-Streit als Ärgernis

Berlin/Wien (APA) - Zum „Theater des Jahres“ hat es diesmal zwar nicht gereicht, dieses wurde bei der Kritikerumfrage des Fachblatts „Theate...

Berlin/Wien (APA) - Zum „Theater des Jahres“ hat es diesmal zwar nicht gereicht, dieses wurde bei der Kritikerumfrage des Fachblatts „Theater heute“ Frank Castorfs Berliner Volksbühne. Doch mit der Kür des Burgschauspielers Joachim Meyerhoff für seine Rolle in „Die Welt im Rücken“ nach Thomas Melles am Akademietheater konnte das Burgtheater, das 2015 den Spitzenplatz belegte, in einer wichtigen Kategorie punkten.

Einen Überraschungserfolg erzielte „Vereinte Nationen“ des österreichischen Autors Clemens Setz. Das am Nationaltheater Mannheim uraufgeführte Stück erhielt vier Kritikerstimmen in der Kategorie „Stück des Jahres“ und steht somit ex aequo mit Anne Leppers „Mädchen in Not“ auf Platz zwei hinter Simon Stones radikaler Basler Tschechow-Überschreibung „Drei Schwestern“. Auch in der Sparte „Autor des Jahres“ konnte der gebürtige Grazer eine Kritikerstimme verbuchen. Das Stück rund um den Horror eines Drei-Personen-Haushalts steht in dieser Saison sowohl am Wiener Volkstheater als auch am Grazer Schauspielhaus auf dem Spielplan.

„Schauspielerin des Jahres“ wurde Valery Tscheplanowa als Margarete und Helena in Frank Castorfs „Faust“ an der Berliner Volksbühne, die im Abschlussjahr der Intendanz von Frank Castorf ebenso 18 der 46 befragten Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz überzeugte wie die Gesamtleistung des Theater. Die 34-jährige Wienerin Franziska Hackl wurde für ihre Mascha in Simon Stones „Drei Schwestern“-Inszenierung vier Mal als Schauspielerin des Jahres genannt, was Platz zwei in dieser Kategorie bedeutet.

Inszenierung des Jahres wurde Milo Raus „Five Easy Pieces“, uraufgeführt am Campo Gent. Zum Bühnenbild des Jahres wurde Ulrich Rasches Entwurf für „Die Räuber“ am Münchner Residenztheater gewählt. Die Kostüme des Jahres hat Ersan Mondtag für „Die Vernichtung“ von Olga Bach (sie wurde „Nachwuchsautorin des Jahres“) in Bern entworfen. Sina Martens (bisher in Frankfurt, künftig am Berliner Ensemble) und Michael Wächter (Basel) sind „Nachwuchsschauspieler des Jahres“.

Noch einmal zurück zum Triumph der Berliner Volksbühne, die in der Umfrage auch zahlreiche zweite Plätze verbuchen konnte: Martin Wuttke erhielt für „Faust“ sechs Stimmen, ebenso viele Kritiker voteten für „Faust“ als beste Inszenierung. Auch der „Faust“-Dramaturg Sebastian Kaiser wurde auf Platz 2 gewählt. Die allermeisten Nennungen verzeichnete die Volksbühne jedoch in der Kategorie „Ärgerlichste Erfahrung des Jahres“, wo sich Kritiker abwechselnd über den Stil der Berliner Kulturpolitik, die Bestellung Chris Dercons und das Theater drumherum beschweren. Da ärgert sich ein Kritiker über den „essiggetränkten Dauerstreit um die Nachfolge an der Volksbühne“, ein anderer mokiert sich konkret über die Vorstellung von Dercons erster Spielzeit, der nächste prangert das „strukturelle Debakel“ der „provisorischen Berliner Kulturpolitik“ an. „Theater heute“ fasst zusammen: „Good-by, Volksbühne - hello, Future!“