Militärkommandant: “Kontrolle der Güterzüge besonders wichtig“
Tirols Militärkommandant verteidigt den Einsatz des Bundesheeres. Kritik an der Ausbildung der Soldaten lässt er nicht gelten.
Derzeit ist in Österreich viel von der Eindämmung der illegalen Migration die Rede. Welchen Beitrag leistet das Österreichische Bundesheer dazu?
Militärkommandant Generalmajor Herbert Bauer: Es gibt zwei grundsätzliche Einsatzarten. Die eine ist der Auslandseinsatz, wo österreichische Soldaten in Krisenherden Dienst versehen und versuchen, dort lebenswerte Umstände sicherzustellen. Ich denke da an die großen Kontingente im Libanon, in Bosnien und im Kosovo, wo derzeit auch 50 Tiroler Dienst machen. Die andere ist der Inlandseinsatz. Dafür sind derzeit knapp 1000 Soldaten abgestellt, und zwar überwiegend in den Bundesländern Burgenland, Kärnten und Steiermark sowie zur Botschaftsbewachung in Wien. In Tirol ist jetzt ein Einsatz dazugekommen. Auf Antrag der Landespolizeidirektion unterstützt das Militärkommando Tirol die Sicherheitsexekutive bei Schwerpunktkontrollen im Rahmen von Schengen-Ausgleichsmaßnahmen in der Tiefe des Grenzraums. Im Einsatz stehen zwischen 70 und 80 Personen.
Dieser Tirol-Einsatz wird, speziell was den Zeitpunkt anbelangt, nicht unkritisch beurteilt.
Bauer: Man darf das nicht nur aufhängen an reduzierten Anlandungszahlen in Italien. Man muss das in Tirol auch danach beurteilen, was sich kumuliert hat an aufhaltenden Personen südlich unseres Landes. Die Aufgriffszahlen der Exekutive haben den Hinweis gebracht, dass man etwas tun muss. Ich halte es beispielsweise für besonders wichtig, dass man auch die Güterzüge kontrolliert. So wie wir die Einsätze erleben, geht es auch darum, die illegal Einreisenden vor Schaden zu bewahren.
Auch die Terrorgefahr stellt Europa und Österreich vor große Herausforderungen.
Bauer: Tirol hat im Frühjahr bei einer großen Anti-Terror-Übung alle Behörden und Einsatzkräfte erstmals zu diesem Thema zusammengebracht. Dabei haben wir, aufbauend auf den Erfahrungen von Einsatzkräften, auch aus dem Ausland, verschiedene Verfahren entwickelt. Wir sind also — im Rahmen des Möglichen — auf einen Anti-Terror-Einsatz vorbereitet.
Apropos Ausbildung: Der Tod eines Soldaten sorgte zuletzt für Schlagzeilen und Kritik am Bundesheer. Berechtigt?
Bauer: Ich würde von einem tragischen, krankheitsbedingten Unfall sprechen. Der bedauerliche Tod eines Rekruten nach einem Drei-Kilometer-Marsch darf aber nicht zur Verurteilung einer Organisation und des Ausbildungssystems als Ganzes führen. Ausbildung für den Einsatz muss aufbauend und fordernd sein — wir brauchen hier in Tirol nur an die Alpin-Ausbildung denken. Im Herbst werden wieder Hunderte Rekruten in Tirol einrücken. Ich darf besorgte Eltern schon jetzt beruhigen: Die Ausbilder sind umsichtig und achten auf das Leistungsvermögen der jungen Männer. Man darf und muss aber die Leistungsfähigkeit steigern. Das ist wie im Sport, wo man sich auch Ziele setzt und durch gute Trainer weitergebracht wird.
Zum Schluss noch zum Katastropheneinsatz: Zuletzt haben die jeweiligen Verteidigungsminister den Gürtel immer enger geschnallt. Auch auf Kosten des Katastrophenschutzes?
Bauer: Wir haben grundsätzlich eine Trendwende erlebt, die sich auch auf die Motivation der Truppe ausgewirkt hat. Die materielle Situation ist partiell besser geworden. Wir sind aber ein wenig besorgt, ob dieser Trend auch nach dem Wechsel der Legislaturperiode anhält. Ich glaube, dass es dringend erforderlich ist, Fehler aus der Vergangenheit auszugleichen und durch entsprechende finanzielle Zuwendungen zu ermöglichen, dass die Streitkräfte wieder auf ein besseres Niveau kommen, denn wir haben an Niveau verloren.
Für etwaige Katastropheneinsätze ist das Bundesheer aber gerüstet?
Bauer: Derartige Einsätze sind immer sichergestellt, weil eben dann durch Schwergewichtsbildung die Truppe, die etwas braucht, das auch bekommt. Militärisch richtig wäre aber natürlich, dass jede Truppe über jene Mittel verfügt, die sie zur Auftragserfüllung braucht. Davon sind wir noch ein bisschen entfernt. Außerdem gibt es im Bereich der Katastrophenhilfe eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere im Raum Österreich, Schweiz und Deutschland.
Das Interview führte Mario Zenhäusern