Ein Mann vom alten Schlag
Der Brixner Alexander Unterrainer hat sich einem Tausende Jahre alten Handwerk verschrieben: der Schmiedekunst.
Brixen i. T. –Alexander Unterrainer öffnet eine schwere Tür aus Messing und tritt in die von Tageslicht erleuchtete Werkstatt. Es riecht nach Rauch und Kohle. Ein Lehrling hämmert auf ein glühendes Stück Eisen. Bam! Bam! Bam! Hinter dem jungen Mann befindet sich das Herzstück, die schwarz verrußte Feuerstelle. Darüber hängen verschiedene Hämmer und Zangen. Hier verbringt Unterrainer seit zehn Jahren seine Arbeitstage. „So alt ist unsere neue Werkstätte schon“, sagt er, die Hände an den Hüften abgestützt, und lässt den Blick durch den großen Raum schweifen.
Der Familienbetrieb selbst ist aber viel älter. Die Geschichte der Kunstschmiede Unterrainer beginnt mit Alexander Unterrainers Urgroßvater Josef Infeld, der von Debant in Osttirol zunächst nach Kitzbühel übersiedelte. „Wohl auch, weil es dort mehr Arbeit gab“, vermutet der 40-Jährige. Sein Großvater Franz aus Ellmau, ebenfalls Schmied, arbeitete in Infelds Werkstätte und heiratete dessen Tochter. 1962 übersiedelten sie nach Brixen, wo Unterrainers Vater Siegmund später den Betrieb weiterführte. Mit Erfolg: 1980 wurde er mit dem Bayrischen Staatspreis ausgezeichnet. Das Schmieden lag der Familie seit jeher einfach im Blut.
Auch Alexander Unterrainer hatte schon als Kind buchstäblich Feuer gefangen. „Ich habe den Männern immer zugeschaut“, erinnert er sich. Bis sich einer von ihnen mit einem glühenden Eisen umdrehte, den kleinen Alexander übersah und ihn am Gesicht erwischte. Sobald das Brandmal verheilt war, machte sich der Bub wieder auf in die Werkstätte. Wenn er mit dem Hammer auf heiße Eisen schlagen durfte, vergaß er alles andere um sich herum. Mit 21 Jahren absolvierte er schließlich die Meisterprüfung und zählte damals zu den jüngsten Schmiedemeistern Österreichs.
„Der Beruf des Kunstschmieds soll laut unterschiedlichen Quellen bis ins 8. Jahrtausend vor Christus zurückgehen. Die Zahl der Handwerker selbst schwindet“, sagt Unterrainer. Das kann Urban Unger von der Landesinnung der Metalltechniker bei der WKO bestätigen. „Heuer hatten wir sieben Schmied-Lehrlinge, vor drei bis vier Jahren noch zwölf.“ Derzeit gibt es laut WKO Tirol 15 Messerschmiede, 33 Hufschmiede und 106 Metalltechniker für Schmiede und Fahrzeugbau.
Für Alexander Unterrainer gibt es allerdings keinen schöneren Beruf. „Ich mache das wirklich gern.“ Er und seine Mitarbeiter stellen als Kunstschmiede die unterschiedlichsten Dinge her – angefangen von Beschlägen, Gartenzäunen, Geländern, Gittern und Türen über Grabkreuze, diverse Beleuchtungen bis hin zu Metallplastiken. Als erster Arbeitsschritt muss das Metall in der so genannten Esse erhitzt werden. „Eisen ist schmiedbar bei einer Temperatur zwischen 800 und 1200 Grad Celsius.“ Anschließend wird das Eisen mit schnellen Hammerschlägen in Form gebracht. Dafür braucht es jahrelange Übung und Fingerspitzengefühl.
An Aufträgen mangelt es nicht. „Meine Kunden kommen aus ganz Europa“, erzählt Unterrainer stolz. Um allen Wünschen nachzukommen, beschäftigt Unterrainer sieben Angestellte in seiner Werkstätte. „Ohne sie geht nichts“, weiß er seine Mitarbeiter zu schätzen – genauso wie die Arbeit selbst. Ein Gedicht über Unterrainers Schreibtisch lautet: „Die Esse glüht, der Blasbalg zieht, nun geht es an das Schmieden – was wäre das Leben ohne Schmied im Kriege wie im Frieden?“ (miho)