„Harvey“ - Lage bleibt angespannt, Explosion in Fabrik

Houston (Texas)/New Orleans (Louisiana) (APA/dpa) - Texas kämpft weiter mit den Folgen des Sturms „Harvey“. Die Überschwemmungen verursachte...

Houston (Texas)/New Orleans (Louisiana) (APA/dpa) - Texas kämpft weiter mit den Folgen des Sturms „Harvey“. Die Überschwemmungen verursachten in der Nähe von Houston Donnerstag früh (Ortszeit) zwei Explosionen in einer Chemiefabrik des französischen Konzerns Arkema, wie die Betreiber mitteilten. Ein Polizist kam nach dem Einatmen des Rauchs ins Krankenhaus.

Die in der Fabrik gelagerten Chemikalien drohten zu explodieren, nachdem die Stromversorgung für die Kühlung der Anlage wegen der Flut ausgefallen war. Anrainer im Umkreis von zwei Kilometern waren bereits am Mittwoch in Sicherheit gebracht worden.

Obwohl „Harvey“ an Stärke verloren hat, kämpften die texanischen Städte Beaumont und Port Arthur weiter mit steigendem Wasser - hier fielen innerhalb von 24 Stunden 66 Zentimeter Regen pro Quadratmeter. Nach Angaben der Behörden brach in Beaumont die Wasserversorgung zusammen, nachdem die zentrale Pumpanlage dem Druck eines angeschwollenen Flusses nachgegeben hatte. Die Versorgung könne erst wieder hergestellt werden, wenn der Wasserpegel sinke. In Port Arthur musste die größte Ölraffinerie der USA geschlossen werden.

Auch in Houston ist eine Entspannung nicht in Sicht, obwohl die Großstadt von weiterem Starkregen verschont blieb. Schätzungen zufolge stand ein Drittel der Stadt unter Wasser. Die US-Marine kündigte an, am Donnerstag die Schiffe „USS Kearsarge“ und „USS Oak Hill“ vor die Küste von Texas zu schicken. Sie sollen dort die Behörden bei den Bergungs- und Rettungsarbeiten unterstützen.

Als vom US-Hurrikan-Zentrum herabgestuftes tropisches Tiefdruckgebiet zieht „Harvey“ weiter östlich durch Louisiana bis Mississippi. Auch Tennessee und Kentucky rüsteten sich für mögliche Überschwemmungen. Noch immer herrschen lebensbedrohliche Bedingungen. Nach Angaben von CNN sind mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen.

Der texanische Gouverneur Greg Abbott sagte, dass Katastrophengebiet sei viel größer, als es bei den Hurrikans „Katrina“ und „Sandy“ der Fall gewesen sei. Von den Folgen des Tropensturms seien auch viel mehr Menschen betroffen. „Katrina“ hat 2005 Schäden in Höhe von mindestens 150 Milliarden Dollar verursacht. Abbott schätzte, dass diesmal mehr Staatshilfen notwendig sein werden.

In Louisiana traten die Flüsse Calcasieu und Sabine Rivers in einigen Gegenden über die Ufer. Straßen mussten wegen Überflutungen gesperrt werden. Gouverneur John Bel Edwards erklärte, die Lage sei ernst, aber man stehe bisher besser da als befürchtet.

Zahlreiche US-Stars werben für Spenden zugunsten der Opfer des Tropensturms „Harvey“ - unter anderem bekundeten Schauspieler wie Sandra Bullock, Leonardo DiCaprio, Kevin Hart und Amy Schumer, sowie Sängerin Beyonce ihre Hilfsbereitschaft. Popstar Miley Cyrus kündigte in der Sendung von Ellen DeGeneres an, 500.000 US-Dollar für die Katastrophenhilfe in Houston zu geben.

Trotz des schwelenden Konflikts zwischen Caracas und Washington will die venezolanische Regierung den Hurrikan-Opfern in den USA helfen. Venezuela werde bis zu fünf Millionen US-Dollar (etwa 4,2 Millionen Euro) für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstellen, kündigte Außenminister Jorge Arreaza am Mittwoch an.

Auch Mexiko hatte trotz des Streits um die von US-Präsident Donald Trump geplante Grenzmauer und die konfliktreiche Nachverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta dem Nachbarland Unterstützung angeboten. Mexiko hatte bereits nach dem schweren Hurrikan „Katrina“ den USA geholfen. Damals waren Hunderte Soldaten und Ärzte in die Vereinigten Staaten gekommen. Es war das erste Mal seit dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg 1846, dass die mexikanischen Streitkräfte die Grenze zu den USA übertraten.

„Harvey“ war am Freitag erstmals in Texas auf Land getroffen; seither kämpft die Gegend mit den verheerenden Folgen. Binnen weniger Tage fielen in dem Staat mancherorts bis zu 125 Zentimeter Regen pro Quadratmeter - ein Rekord für das Festland der USA. Zahlreiche Flüsse, darunter der Colorado, traten über die Ufer, Stauseen ergossen ihre Fluten über die Dämme. Einige Dämme wurden zur Entlastung bewusst geöffnet, was zu weiteren Überschwemmungen führte.

Rettungskräfte bargen in den vergangenen Tagen rund 8.500 Menschen aus ihren Häusern; mehr als 30.000 suchten Zuflucht in Notunterkünften. 14.000 Mitglieder der texanischen Nationalgarde waren im Einsatz. Weitere 10.000 wurden aus anderen Bundesstaaten entsandt.