Opernball-Dirigentin Scappucci wird Chefdirigentin in Lüttich
Lüttich/Wien (APA) - Speranza Scappucci zieht es nach Belgien - zumindest beruflich. Die Wahlwienerin, die heuer als erste Dirigentin überha...
Lüttich/Wien (APA) - Speranza Scappucci zieht es nach Belgien - zumindest beruflich. Die Wahlwienerin, die heuer als erste Dirigentin überhaupt die Opernball-Eröffnung geleitet hat, wird Chefdirigentin in Lüttich. Am Sonntag wird die 44-Jährige, die ihren Wohnsitz in Wien behalten will, ihr Einstandskonzert in neuer Funktion geben. Auch sonst zieht es sie in die Welt hinaus, wie die Italienerin im APA-Gespräch verrät.
APA: Jetzt wird Lüttich eine neue berufliche Heimstätte für Sie. Wie gefällt Ihnen die Stadt?
Scappucci: Sie ist sehr klein, aber gut organisiert. Das ist eine Stadt, die funktioniert. Aber wenn man im Theater arbeitet, ist man ohnedies 90 Prozent der Zeit dort.
APA: Wie oft werden Sie in Lüttich pro Saison dirigieren?
Scappucci: Ich mache hier mindestens zwei Produktionen im Jahr. Und dann kommen noch die Konzerte dazu. In Summe sprechen wir wahrscheinlich von rund 20 Abenden. Wir sind hier ja ein Stagione-Betrieb.
APA: In Lüttich liegt der Fokus neben dem französischen vor allem auf dem italienischen Repertoire. Kommt Ihnen das entgegen?
Scappucci: Ich liebe das italienische Repertoire. Aber ich mache in Zukunft auch viel Russisches und Deutsches - dem bin ich nicht zuletzt als Korrepetitorin in Wien näher gekommen.
APA: Wie sieht die Arbeitsteilung zwischen Ihnen und Stefano Mazzonis di Pralafera aus?
Scappucci: Er ist der Generaldirektor und künstlerischer Leiter in Personalunion. Die Auswahl der Stücke obliegt im Wesentlichen der künstlerischen Leitung, während ich mich vor allem um das Orchester kümmere. Ich bin etwa bei den Vorspielen dabei.
APA: Wie würden Sie den Charakter des Orchester beschreiben?
Scappucci: Das Niveau ist extrem hoch. Das ist ein Klangkörper, mit dem man wirklich arbeiten kann, weil die Musiker sehr flexibel sind, sehr offen für meine Ideen. Und der Altersschnitt liegt sehr niedrig. Man kann also auch noch einen gewissen Charakter formen. Sie spielen ja überwiegend Oper, keine symphonischen Konzerte. Mir würde das natürlich gefallen, aber es gibt schon ein Symphonieorchester in Lüttich...
APA: Ist die Publikumszusammensetzung anders als in Wien?
Scappucci: Die Opera royal de Wallonie mit ihren gut 1.000 Plätzen ist praktisch jeden Abend ausverkauft. Dabei sind die Zuschauer sehr international zusammengesetzt und reisen eigens aus Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich an.
APA: Von Lüttich abgesehen: Was sind Ihre persönlichen Zukunftspläne? Nach dem Opernball nun auch erste Frau ein Neujahrskonzert dirigieren?
Scappucci: Das Neujahrskonzert würde wohl jeder gerne machen! Ansonsten bleibt mein Ziel eine internationale Karriere und vielleicht eines Tages auch ein eigenes Orchester zu übernehmen zusätzlich zu Lüttich.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)
(ZUR PERSON: Geboren wurde Speranza Scappucci am 9. April 1973 in Rom. Sie absolvierte die Julliard School in New York und das Conservatorio di Musica Santa Cecilian in ihrer Heimatstadt. Sie war lange als Pianistin tätig, bevor sie unter anderem beim Festival von Glyndebourne und unter Riccardo Muti bei den Salzburger Festspielen Korrepetitorin wurde. Ihr Debüt als Dirigentin feierte sie 2012, und im November 2016 gab sie in dieser Funktion mit Rossinis „La Cenerentola“ ihren Einstand am Pult der Wiener Staatsoper, wo sie zuvor bereits als Korrepetitorin und Pianistin tätig war. Als Einspringerin dirigierte sie heuer die Eröffnung des Opernballes. Das nächste Mal wird Scappucci am Ring im März 2018 bei einer „Boheme“ zu sehen sein.)
(S E R V I C E - http://speranzascappucci.com)
(B I L D A V I S O - Fotos von Speranza Scappucci wurden am 23. Februar 2017 über den AOM verbreitet.)