Literatur

Angela Autsch: Die Nonne, die Hitler als Plage beschimpfte

Blick auf die Mauern des Konzentrationslagers Auschwitz.
© Lindstrom

Angela Autsch ging als „Engel von Auschwitz“ in die Geschichte ein. Die Nonne wirkte in Tirol, hier ist ihre Bedeutung noch weit unterschätzt.

Von Alexandra Plank

Autsch lebte als Nonne in Tirol im Ort Mötz.
© Tyrolia Verlag

Innsbruck — Derzeit wird im westlichen Mittelgebirge ein Film über Otto Neururer gedreht, der im Konzentrationslager Buchenwald als „politischer Häftling" mit der Bemerkung „Kath. Pfarrer, hartnäckiger und hinterlistiger Gegner der NSDAP" geführt wurde. Nachzulesen ist das im neu erschienenen Buch von Manfred Scheuer „Kraft zum Widerstand" (Tyrolia). Der ehemalige Bischof der Diözese Innsbruck und jetzige Oberhirte der Diözese Linz stellt darin Glaubenszeugen im Nationalsozialismus in den Fokus. Kurz wird auch der Lebenslauf der Trinitarierin Angela Autsch skizziert.

Die einzige deutschsprachige Niederlassung des spanischen Ordens befand sich in Mötz. Mit dem Anschluss Österreichs im März 1938 an Nazi-Deutschland geriet auch das Kloster Mötz in Gefahr. Der damalige Gauleiter wollte Hitler zu dessen 50. Geburtstag im April 1939 ein „klosterfreies" Tirol melden. Das Schwesternhaus sollte beschlagnahmt werden. Autsch sperrte sich dagegen. Sie wurde inhaftiert. Unter der Hand ist heute noch davon die Rede, dass sie wohl verraten wurde. Sie hörte Feindsender und nannte Hitler „eine Geißel (Plage) für ganz Europa". In Ravensbrück wurde Maria zur „Beraterin und Helferin in jeder Situation", wie Rosa Jochmann, Widerstandskämpferin und sozialdemokratische Politikerin, bezeugte. Zum Aufbau des Frauenlagers in Auschwitz verließ am 25. März 1942 ein Transport mit tausend Frauen Ravensbrück. Bald schon galt Schwester Angela als „Engel von Auschwitz". Am 15. Mai 1943 wurde sie in das SS-Lazarett versetzt. „Sie pflegte ihre Folterknechte, vergaß aber ihre Mitgefangenen nicht. Sie zweigte Medikamente und warmes Wasser ab", schreibt Scheuer. Das Angebot, freie Schwester zu werden, die Ordensgemeinschaft zu verlassen und sich damit die Freiheit zu erkaufen, lehnte sie ab. Sie starb bei der Bombardierung des Lagers durch die Alliierten. Das Wirken der Nonne sei noch viel zu wenig bekannt und gewürdigt, erfährt man in Tirol allenthalben, wenn man sich auf Spurensuche begibt. Es gibt zwar einen engagierten Freundeskreis und der Orden hat ein Seligsprechungsverfahren in Rom eingeleitet, aber selbst im Archiv der Diözese Innsbruck ist nur wenig über die engagierte Christin zu finden. In der Pfarrkirche in Mötz wurde bereits vor zehn Jahren eine Gedenktafel angebracht, am Todestag von Autsch, am 23. Dezember, wird jedes Jahr eine Gedenkmesse gelesen. Die Mötzer Religionslehrerin Barbara Cia-Egger ist Sprecherin des Freundeskreises.

Als sie erstmals das Bild von Autsch (links) sah, das diese im KZ zeigt, wollte sie unbedingt wissen, woher diese Nonne ihre Kraft und ihren Mut genommen hat. „Sie hatte eine sehr tiefe Gottesbeziehung. Uns ist wichtig, sie vielen Menschen bekannt zu machen." Seitens der Diözese sei das Interesse erwacht. Am 8. Oktober findet in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Innsbruck eine Messe (Musik von Peter Jan Marthé) zu ihrem Gedenken statt, zelebriert vom emeritierten Erzbischof Alois Kothgasser. Theologe Józef Niewiadomski hat in Mötz vor zwei Jahren die Predigt gehalten. Er sagt, dass die gebürtige Deutsche eine unglaublich interessante Glaubenszeugin sei. „Sie ist erst im Alter von 33 Jahren in den Orden eingetreten, weil eine Verlobung scheiterte. Der spanische Orden existiert seit dem Barock und hat Sklaven geholfen."

Angela Autsch sei eine bodenständige Frau gewesen und habe sich bewusst dafür entschieden, nach Tirol zu kommen. An ihr sei nicht nur die Frömmigkeit herausragend — sie betete, wenn sie Hunger hatte —, sondern auch die Wachheit und der große Mut. Für den Theologen kommt noch ein Aspekt hinzu: „Sie pflegte ihre Feinde mit der gleichen Hingabe wie alle anderen. Sie hatte somit die Fähigkeit, in einem Kranken zuallererst den Menschen zu sehen."

Unter den Nonnen und Pfarrern, die zu Glaubenszeugen im Nationalsozialismus wurden, sei sie eine Ausnahme: „Sie hat sich ganz klar politisch geäußert." Rund 100 Briefe, in denen Schwester Angela ihren tiefen Glauben während ihrer Haft bezeugte, sind erhalten. Mit den Aussagen ihrer Mithäftlinge waren diese Briefe der Anlass für das Erzbistum Wien, 1990 den Seligsprechungsprozess einzuleiten. Das diözesane Verfahren wurde 1996 abgeschlossen und die Unterlagen der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse vorgelegt. Der aktuelle Stand ist Chef-, sprich Papstsache. Eines steht aber fest: Wird die Nonne als Märtyrerin eingestuft, ist das obligate Wunder nicht erforderlich.

In Mötz wurde eine Gedenktafel errichtet. An Autschs Todestag, einen Tag vor Weihnachten, wird ein Gottesdienst gefeiert.
© Paschinger

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