Sabine Haag - „Solide“ und „sehr seriös“, aber zu wenig visionär

Wien (APA) - Sie bekam heute einiges Lob von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ): Generaldirektorin Sabine Haag habe das Kunsthistorische Mus...

Wien (APA) - Sie bekam heute einiges Lob von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ): Generaldirektorin Sabine Haag habe das Kunsthistorische Museum seit 2009 „sehr seriös geführt“, das Haus stehe heute „gut da“. Statt einer Vertragsverlängerung um fünf Jahre gibt es nun nur die Bitte um ein halbes Übergangsjahr: Der neue KHM-Chef Eike Schmidt wird sein Amt erst im Laufe des zweiten Halbjahres 2019 antreten können.

Sabine Haag wurde am 28. Februar 1962 in Bregenz geboren, wo sie das Bundesgymnasium für Mädchen besuchte. Nach einem Aufenthalt im kalifornischen Santa Barbara, studierte sie von 1981 bis 1989 Anglistik, Amerikanistik und Kunstgeschichte in Innsbruck und Wien, im Jahr darauf begann sie ihre Tätigkeit als Kuratorin in der Kunstkammer, in deren Dienst sie auch ihre 1995 eingereichte Dissertation stellte. Unter dem Titel „Studien zur Elfenbeinskulptur des 17. Jahrhunderts: Vorarbeiten für einen systematischen Katalog der Elfenbeinarbeiten des Kunsthistorischen Museums Wien“ leistete sie von Anbeginn ihrer Tätigkeit im KHM Beiträge zur Erfassung und Neubewertung der Bestände. Mit 1. Dezember 2007 wurde sie als Direktorin der Kunstkammer sowie der Weltlichen und Alten Geistlichen Schatzkammer berufen.

Als Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) am 11. Juni 2008 die „konsequente, erfahrene und innovative Arbeiterin“, die in ihrer „langjährigen Tätigkeit den Respekt und das Ansehen der Belegschaft gewonnen“ habe, als KHM-Generaldirektorin ab 1.1.2009 vorstellte, versicherte Haag glaubhaft, sie sei überrascht gewesen, als sie von der Ministerin gefragt wurde, ob sie sich die Führung des gesamten Museums zutraue. Haag hatte sich erst gar nicht beworben - nahm aber die Herausforderung an.

Unermüdlich war Haag seither unterwegs, für das Museum zu werben und die nötigen Gelder aufzutreiben. Die Liste ihrer Verdienste ist lang: Mit der Wiedereröffnung der Kunstkammer im März 2013 und mit dem neuen Zentraldepot in Himberg, das in Rekordzeit und im Kostenrahmen entstand, wurden langjährige Desiderate Wirklichkeit, mit der günstigen Jahreskarte konnte der Besucherandrang unter Wienerinnen und Wienern massiv ausgebaut werden. Mit der Berufung Jasper Sharps als Kurator für zeitgenössische Kunst, der eine ebenso behutsame wie prestigeträchtige Öffnung der Gemäldegalerie, des Theseustempels und der Depots für aktuelle Kunst sowie für von aktuellen Künstlern kuratierte Programme vornahm, oder mit Crossover-Projekten wie der „Ganymed“-Reihe, platzierte sie das KHM auch als interessanten Player der Szene.

Schwieriger gestaltete sich Neukonzeption, Umbau und Wiedereröffnung des Weltmuseums, eine Strecke, auf der eine angedachte Fusion mit dem Volkskundemuseum ebenso zurückgeblieben ist wie die ursprüngliche Dimension des Vorhabens, dessen Eröffnungsfest am 25. Oktober ansteht. An sämtlichen von Haag verantworteten Standorten des Verbandes verzeichnete man im Vorjahr 1,4 Millionen Besucher, ein Plus von zwei Prozent gegenüber 2015.

Nach der langen Amtszeit des begnadeten Selbstdarstellers Wilfried Seipel bedeutete die anfangs zurückhaltende Haag bei ihrem Antritt vor acht Jahren auch einen klaren Kulturwandel, sowohl im Außenauftritt, als auch im Führungsstil. Im Dienst der guten Sache hat sie rasch ihre Scheu davor abgelegt, selbst für Fotoshootings zur Verfügung zu stehen. Daran, dass der dreifachen Mutter Kunstvermittlung, Kinder- und Jugendprogramme sowie wissenschaftliche Arbeit wichtiger sind als Blockbuster-Ausstellungen, kann aber kein Zweifel bestehen. Ein Museum von heute sieht sie „als einen Ort der Bildung, des Lernens, aber auch des Entspannens“.

Die „Abrundung des bisherigen soliden Wegs“ war Drozda heute aber zu wenig für die Zukunft. Er wählte Option zwei, „die Personalentscheidung zu nutzen, um das Kunsthistorische Museum offensiv weiter zu denken“. Auf Ivory folgt nun Ebony, der Elfenbeinspezialistin Haag folgt der Ebenholzexperte Eike Schmidt.

(B I L D A V I S O - Bilder von Sabine Haag sind im AOM abrufbar.)