Böses Kind, braves Kind: Neuer Lehrgang in Tirol
In Tirol startet ein neuer Lehrgang, der sich auf Familienarbeit konzentriert. Aggression als Teil von Beziehung ist Thema. Damit wird eine Lücke geschlossen.
Innsbruck –Ja, es gibt sie: Kinder, die durch aggressives Verhalten auffallen. Kinder, die ihren Eltern damit Probleme machen. Dennoch: „Das aggressive Kind von Natur aus gibt es nicht“, sagt Robin Menges vom IGfB Innsbruck (Internationale Gesellschaft für Beziehungskompetenz).
Betrachte man Aggression zunächst komplett wertfrei, sei diese niemals mehr als „eine notwendige, emotionale und konstruktive Kraft, um Grenzen aufzuzeigen“. Erst, wenn Aggression als soziales Regulativ lange nicht ernst genommen werde, könne diese in Gewalt kippen. Dass dies passiere, sei vor allem der Fall, wenn zu lange an der Botschaft „Wir müssen alle lieb und nett zueinander sein“ festgehalten werde.
Vor allem empfindsame Kinder würden sich unverstanden fühlen, wenn ihr aggressives Verhalten ständig unter den Teppich gekehrt werde. „Kinder wollen gesehen und verstanden werden, und gerade dann, wenn sie aggressiv sind, muss man sich dafür interessieren, warum sie es sind“, sagt Menges. Kinder spüren Widersprüche intuitiv, etwa wenn Erwachsene privat oder im Kindergarten betonen, man sei nur willkommen, wenn man brav und lieb sei: „In Wahrheit tun wir uns einander ständig weh“, sagt Menges. Familien würden hier Hilfestellungen fehlen.
Es gebe zwar eine Flut an Ratgebern auf dem Markt, diese würden aber nachhaltig wenig helfen, Muster zu ändern. Menges: „Familiendynamiken machen immer Sinn und erfüllen einen Zweck – auch zerstörerische.“ Deshalb habe man einen neuen Lehrgang, bei dem es um Prozessbegleitung für Familie gehe, ins Leben gerufen (siehe Kasten rechts). Damit soll auch eine Lücke in der sozialen Infrastruktur in Tirol geschlossen werden. Denn: „Familien geraten zunehmend unter Druck, es gibt aber zu wenig an sozialer Infrastruktur, die helfen kann. Das ist eine große Baustelle.“ (lipi)
Impulstag
Wenn Familie weh tut. Unter diesem Titel stellt der Verein für Beziehungskompetenz am Freitag, 8. September, ab 14 Uhr seine Arbeit und den neuen Lehrgang in Innsbruck vor. Infos: www.igfb.org