„Harvey“ - Texas kämpft weiter mit Folgen der Überschwemmung

Houston (Texas)/Orange/New Orleans (Louisiana) (APA/AFP/Reuters) - Der US-Bundesstaat Texas hat auch eine Woche nach Beginn der Überschwemmu...

Houston (Texas)/Orange/New Orleans (Louisiana) (APA/AFP/Reuters) - Der US-Bundesstaat Texas hat auch eine Woche nach Beginn der Überschwemmungskatastrophe mit den Folgen zu kämpfen. Am Freitag waren die Rettungskräfte in besonders schwer getroffenen Gegenden weiter im Einsatz. Unterdessen bewegt sich Hurrikan „Irma“ auf die Karibik zu und wurde auf die drittgefährlichste Stufe heraufgestuft. Tropensturm „Lidia“ steuert indes auf einen mexikanischen Urlaubsort zu.

In der Millionenmetropole Houston gehen die Überschwemmungen allmählich zurück und bringen Chaos und Zerstörung zum Vorschein. Bewohner begannen mit den Aufräumarbeiten. In ländlichen Gebieten von Texas und an der Golfküste war die Lage weiter angespannt. Am Donnerstag hatten Militärhubschrauber bei der Evakuierung eines Krankenhauses in der überfluteten Stadt Beaumont geholfen. Fast 200 Menschen in dem Krankenhaus mussten wegen des Zusammenbruchs der Wasserversorgung in der Stadt in Sicherheit gebracht werden, wie die Leitung des Krankenhauses in Beaumont erklärte.

Polizisten und Feuerwehrleute gingen in den Überschwemmungsgebieten von Texas und Louisiana von Tür zu Tür, um nachzusehen, ob sich dort noch Bewohner aufhalten. Vielerorts mussten Menschen tagelang ohne Vorräte in oder auf ihren Häusern ausharren. Die Rettungskräfte rechneten damit, weitere Todesopfer zu finden. Bis zum Freitag wurden mindestens 38 Tote im Zusammenhang mit „Harvey“ gezählt. Insgesamt ist rund eine Million Menschen obdachlos.

Auch in der Stadt Orange an der Grenze zu Louisiana waren tausende Helfer weiter mit der Rettung von Menschen beschäftigt. Dort galt eine Evakuierungsanordnung, der manche Bewohner jedoch nicht Folge leisteten. „Wir dachten, es wäre okay, aber wir haben uns geirrt“, sagte Lonnie Givens, der schließlich mit seiner Frau Missy in einem überschwemmten Haus ohne Strom zurückblieb. Das Ehepaar brachte sich auf seinem Pickup-Wagen in Sicherheit.

Die Höhe der unversicherten Schäden durch den Tropensturm „Harvey“ dürfte immens sein. Geschätzte 70 Prozent der Zerstörungen durch Überschwemmungen seien durch keine Versicherung abgedeckt, teilte das Analysehaus Corelogic am Freitag mit. Insgesamt werden die versicherten und unversicherten Hochwasserschäden zwischen 25 und 37 Milliarden Dollar (zwischen 21 und 31 Mrd. Euro) betragen.

Das Weiße Haus kündigte an, den Kongress um einen Notfallfonds für den Wiederaufbau in den beiden Bundesstaaten zu bitten. Die wirtschaftlichen Schäden in der wichtigen Industrieregion um Houston dürften eine dreistellige Milliardensumme erreichen. US-Vizepräsident Mike Pence traf am Donnerstag Betroffene in der texanischen Stadt Rockport, die schwer zerstört wurde, als Hurrikan „Harvey“ am Freitag auf Land getroffen war. „Wir stehen Ihnen bei, bis wir Südost-Texas größer gemacht haben, als es jemals war“, sagte er.

Zahlreiche US-Stars sagten großzügige Spenden zu, um den Opfern des Sturms „Harvey“ zu helfen. Auch US-Präsident Donald Trump will laut seiner Sprecherin eine Million Dollar aus seinem Privatvermögen für die Fluthilfe spenden. Am Samstag will der Präsident die Katastrophenregion zum zweiten Mal besuchen.

„Harvey“ könnte nach ersten Schätzungen zur teuersten Naturkatastrophe in der Geschichte der USA werden. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, hatte bereits am Mittwoch erklärt, er erwarte alleine Kosten für die Nothilfe der Bundesregierung von weit mehr als 100 Milliarden Dollar.

Teile der Wirtschaft fuhren ihre Aktivitäten im hochwassergeplagten Texas jedoch bereits wieder hoch. In Corpus Christi, wo Hurrikan „Harvey“ am Wochenende gewütet hat, soll der Hafen am Golf von Mexiko bis Montag wieder vollständig nutzbar sein. Es wird erwartet, dass viele Betreiber von Erdöl-Raffinerien schrittweise ihr Geschäft wieder aufnehmen.

Auch der österreichische Stahlkonzern voestalpine hat ein Werk im vom Hurrikan geplagten Gebiet. Zuletzt bezeichnete das Unternehmen die Schäden als „überschaubar“. Dank hoher Bau- und Sicherheitsstandards habe das Werk den Jahrhundert-Hurrikan „ohne wesentliche Schäden“ überstanden. Der Konzern kündigte an, betroffene Mitarbeiter und Bewohner der Region mit einem Betrag von insgesamt 350.000 Dollar unterstützen.

Der herannahende Tropensturm „Lidia“ brachte Mexiko am Donnerstag schwere Regenfälle. In Mexiko-Stadt bildete sich durch die Wassermassen ein riesiges Loch auf einer Straßenkreuzung. Flüge wurden gestrichen, vielerorts gab es Überschwemmungen. Der Luxus-Urlaubsort Los Cabos, auf den „Lidia“ zusteuerte, befindet sich am südlichen Ende der Baja-California-Halbinsel und zieht jährlich mehr als eine Million Touristen an.

Im Atlantik bildete sich mit „Irma“ ein weiterer gefährlicher Hurrikan. Ob der Wirbelsturm auch Florida oder den Golf von Mexiko treffen wird, ist noch unklar. Anfang der kommenden Woche soll er die Inselkette der Kleinen Antillen erreichen, zu der etwa Guadeloupe und Martinique gehören.