nitsch museum Mistelbach: Zehn-Jahres-Jubiläum mit „Traubenfleisch“
Mistelbach (APA) - Die Uraufführung der Sinfonie „Traubenfleisch 2007-2017“ von Hermann Nitsch hat am Samstagabend den akklamierten musikali...
Mistelbach (APA) - Die Uraufführung der Sinfonie „Traubenfleisch 2007-2017“ von Hermann Nitsch hat am Samstagabend den akklamierten musikalischen Schlusspunkt der Feier zum zehnjährigen Bestehen des nitsch museum Mistelbach (NÖ) gesetzt. Eigens für diesen Anlass komponiert wurde das Werk vom Orchester der Klangvereinigung Wien unter der Leitung von Andrea Cusumano aus der Taufe gehoben.
„Wenn‘s den Pröll nicht gäbe, gäb‘s das Museum nicht“: Hermann Nitsch, vor wenigen Tagen 79 Jahre alt geworden, stattete all jenen, die einst an der Entstehung des nitsch museum beteiligt waren, ein „riesiges kosmisches Danke“ ab. Landeshauptmann a.D. Erwin Pröll (ÖVP) erinnerte sich seinerseits an seine ersten Begegnungen mit Nitsch („ein Mensch mit unglaublicher Bodenhaftung“) und destillierte aus den damals konfliktbehafteten Erfahrungen mit den Kontroversen um das Nitsch‘sche Oeuvre die Botschaft, „klar Flagge zu zeigen in der Kulturpolitik“.
Dem pflichtete Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) bei: Es sei „schön und wichtig“, dass es das Museum in Niederösterreich gebe. Nitsch setze sich in seinem Schaffen mit Inhalten auseinander, die in uns allen vorhanden seien, aber zumeist der Verdrängung anheimfielen. Peter Fritz, Geschäftsführer des Museums, dankte allen Gründungsvätern und Wegbereitern, der künstlerische Leiter Michael Karrer tat dies gar in Reimform.
Die sechssätzige „Traubenfleisch“-Sinfonie wollte Nitsch nicht ausführlich kommentieren: Seine Musik sei, wie alles, was er mache, Bestandteil des Orgien-Mysterien-Theaters, habe ihre Wurzeln in Lärm und Exzess und sublimiere sich „in Richtung Orgelwerk“. Ein minutenlang stehender, oszillierender Ton eröffnete denn auch das eineinhalbstündige Opus, kontrapunktiert nur vom leisen Klirren der Weingläser, die unterdessen in der ersten Reihe serviert wurden. Der Klang schwillt allmählich an zum Dröhnen eines Flugzeugmotors, nach geraumer Zeit gesellen sich erste Bläsereinsätze hinzu. Klar ist: dieses Traubenfleisch wird aus Tontrauben gewonnen. Statische Cluster werden von gelegentlichen hymnischen Ausbrüchen unterbrochen, die verweilen, verwellen und verebben, ein Chor verstärkt die rauschhafte, bisweilen Mahler‘sche Ekstase evozierende Dramatik, perkussiv stampfende Intermezzi nehmen die Rhythmen von fugierten Schnadahüpfl-Melodien auf. Am Ende Glockengeläute und ein letzter Orgelton: langer demonstrativer Beifall für Nitsch und die Musiker. Anschließend wartete die Geburtstagstorte auf ihren Anschnitt.
Das nitsch museum wurde 2007 nach Plänen von Johannes Kraus und Michael Lawugger in einer ehemaligen Fabrik installiert. Es umfasst eine Gesamtfläche von 6.116 Quadratmetern, ist wie eine sakrale Anlage konzipiert und beinhaltet Langhalle, Seitenschiff, Claustrum, Krypta, Kapelle und zentrale Piazza. Zehn umfangreiche Themenausstellungen waren bisher zu sehen, derzeit (bis April 2018) steht das druckgrafische Werk von Hermann Nitsch im Mittelpunkt.
(S E R V I C E - nitsch museum Mistelbach, Waldstraße 44-46, geöffnet dienstags bis sonntags 10.00 bis 17.00 Uhr, an Feiertagen auch montags. Information: Tel. 02572/20719, www.nitschmuseum.at)