Anatomie und Auferstehung: “Fink“ im Treibhaus
Zu Soundwällen getürmte Schwermut: Die britische Band Fink versetzte am Mittwoch das Treibhaus in Schwingung.
Innsbruck –Es fiele einem kaum ein, sich den 1972 in Cornwall geborenen Finian Paul Greenall als kleines Rädchen in den Mühen und Mühlen des ganz normalen Büroalltags vorzustellen, erzählen die allgemein bekannten Eckpunkte seiner Biografie doch ganz andere Geschichten. Von seiner Zeit als ein in Londoner Clubs umtriebiger und erfolgreicher Techno-DJ und Produzent zum Beispiel. Oder von Kollaborationen mit John Legend und der jungen Amy Winehouse.
Sei’s drum, Greenalls Geschichte zum Büro geht in etwa so: Als er dereinst artig unten am Klettersteig zur Karriere anstand, fiel sein Blick irgendwann nach oben – und er sah „lauter Ärsche“. Diese Erzählung geht dem Song „Biscuits“ aus dem Album „Biscuits for Breakfast“ von 2006 voraus, das auch die Hinwendung des einst so elektroaffinen Briten zu Blues und Akustikgitarre markiert. Daneben haben sich Fink – Greenalls Alias und zugleich der Name seiner Band – aber auch die Freude an Dub-Elementen, nebligen Trip-Hop-Atmosphären und breiten Soundwänden erhalten, was dem Singer/Songwriter-Kern der Sache einen höchst eigenwilligen Charakter verleiht.
Was wiederum die Sache mit den „Ärschen“ betrifft, so haben Fink zumindest Freude an den eigenen: Die anatomischen Kehrseiten der Bandmitglieder zieren auf einem riesigen Plakat schon seit geraumer Zeit die Treibhaus-Fassade. Das Foto ist bei ihrem letzten Besuch vor zwei Jahren entstanden. Und die Fangemeinde von Fink ist seither jedenfalls nicht geschrumpft: Vor Beginn des seit Langem restlos ausverkauften Konzerts herrschte am Mittwoch im Treibhaus eine Stimmung, die ein bisschen an die von Kindern auf den letzten Metern beim Warten aufs Christkind erinnerte. Locker hätten Fink bei ihrem neuerlichen Innsbruck-Gastspiel auch den Treibhaus-Keller zum Bersten gebracht, man bestand jedoch auf den Turm: der einzigartigen Atmosphäre wegen, wie Greenall samt sichtlich enthusiasmierter Band während des Auftritts nicht müde wurde zu betonen.
Tatsächlich verbreiteten sich die wohligen Schauer der Schwermut, getragen von Greenalls ausdrucksvoller Blues-Stimme, im Turm dann auch besonders schön. Was mit melancholischer Zurückhaltung beginnt, kann sich bei Fink allerdings auch zu – live von zwei Drummern absolvierten – Rhythmusexzessen auswachsen. Das Spiel mit Steigerungsstufen und Gegensätzen funktioniert etwa bei Songs wie „Looking Too Closely“ oder „Pilgrim“ aus dem Vorgängeralbum „Hard Believer“ bestens, mitgebracht hatten Fink ins Treibhaus aber natürlich auch ihre jüngste Songsammlung, die Mitte September unter dem Titel „Resurgam“ erschienen ist. Lateiner lesen da leicht die frohe Botschaft von der Auferstehung heraus, musikalisch begibt sich der Titelsong auf eine auf wuchtigen Bass gebaute und von Glockenklang begleitete, tranceartige Selbstfindungsreise. In ähnlichen Gefilden treibt sich „This Isn’t A Mistake“ herum, während sich Fink in der Ballade „Not Everything Was Better in the Past“ eher von der verträumten Seite zeigen.
Für viel Jubel sorgte dies wie das. (jel)