Tag der Offenen Tür im Kanzleramt: „Es wird nicht der letzte sein“
Wien (APA) - Sentimental ist er nicht, sagt der Kanzler - auch wenn es für SPÖ-Chef Christian Kern das letzte Mal sein dürfte, dass er als H...
Wien (APA) - Sentimental ist er nicht, sagt der Kanzler - auch wenn es für SPÖ-Chef Christian Kern das letzte Mal sein dürfte, dass er als Hausherr am Tag der Offenen Tür Besucher im Kanzleramt empfängt. „Es wird nicht der letzte sein“, gab sich Kern trotzig. Dass seine Amtszeit bald vorbei ist, ließ ihn das Volk am Nationalfeiertag jedenfalls nicht spüren - es kam in Scharen und begehrte Fotos und Smalltalk.
Schon am Weg von der Rekruten-Angelobung am Heldenplatz Richtung Kanzleramt war die Stimmung für Kern freundlich wie das Herbstwetter. „Das ist der Herr Bundeskanzler“, erklärt ein Vater seinem Sohn ehrfürchtig, ein anderer Herr applaudiert sogar, als er Kern erblickt. Manch einer ist beseelt, das gewünschte Fotomotiv zufällig schon am Ballhausplatz vor dem Amtssitz zu erwischen, denn die Schlange vor dem Kanzleramt ist lang und reicht bis in die Löwelstraße hinein: „Wir wollten eh zu Ihnen“, erklärt eine Mutter denn auch erfreut, während sie ihre Kinder mit dem Regierungschef ablichtet.
Häme, dass er nach dem Verlust des ersten Platzes bei der Wahl vor eineinhalb Wochen das Kanzleramt wohl ziemlich bald an ÖVP-Chef Sebastian Kurz abgeben muss, bekommt Kern heute nicht zu hören. „Immer am Ball bleiben“, rät ihm eine ältere Dame stattdessen aufmunternd. „Bitte verlassen Sie die Politik nicht“, meint eine andere - sichtlich Balsam für die Seele des SPÖ-Chefs. Noch gut geölt aus dem monatelangen Wahlkampf posiert Kern für ein Selfie nach dem anderen, ob mit Teenagern oder mit Müttern mit Nachwuchs am Arm. „Wenn ihr mal einen Babysitter braucht, ruft‘s mich an“, empfiehlt er sich auch abseits der Politik.
Drin spielt Kern dann den Guide und erklärt den Besuchern, dass sein Büro früher Metternichs Zimmer war. „Aber der Geist weht hier schon längere Zeit nicht mehr“, versichert der Gastgeber bestens gelaunt. Bei seiner anschließenden Runde durch die Amtsräumlichkeiten verursacht Kern alle paar Meter einen veritablen Stau.
„Richard, schau halt, dass‘d auch fotografierst“, ist eine Mutter im Ministerrats-Zimmer aufgeregt, als der Kanzler genau hinter ihren drei Kindern steht. „Wie denn?“, entgegnet der Vater leicht verzweifelt, weil voll bepackt mit der Beute von zahlreichen Institutionen, die am Nationalfeiertag ihre Tore geöffnet haben. Die Familie hat Glück, Kern dreht sich um und bewundert sogleich die selbst gebastelten Fächer mit bunten Federn, die die Kids dabei haben: „Kannst du sowas mit violett-weiß für mich machen?“, fragt Austria Wien-Fan Kern den sechsjährigen Maximilian. Der Kleine zupft lieber ausgerechnet an der türkisen Feder und erklärt dem Kanzler: „Das ist meine Lieblingsfarbe.“ „Türkis g‘fallt mir ein bissl weniger“, raunt Kern in Anspielung auf die neue Parteifarbe der ÖVP, „aber dir seh‘ ich es nach“, schmunzelt er versöhnlich und bahnt sich weiter seinen Weg. Die Luftballons aus dem Außenministerium in den Händen der Kleinen kommentiert er nicht.
Der Hausherr eben jenes Ministeriums und höchstwahrscheinliche Nachfolger Kerns im Kanzleramt, Sebastian Kurz, ließ den Tag der Offenen Tür im Außenamt am Minoritenplatz übrigens aus - terminbedingt, wie es auf Anfrage der APA hieß.