Israel soll Projekt zur „Annexion“ jüdischer Siedlungen vorantreiben

Jerusalem (APA/AFP) - Israel treibt ein Gesetzesprojekt voran, das nach Einschätzung von Kritikern auf die Annexion jüdischer Siedlungen im ...

Jerusalem (APA/AFP) - Israel treibt ein Gesetzesprojekt voran, das nach Einschätzung von Kritikern auf die Annexion jüdischer Siedlungen im israelisch besetzten Westjordanland rund um Jerusalem hinausläuft. Wie zwei Unterstützer des Projekts, Geheimdienstminister Yisrael Katz und Abgeordneter Yoav Kish, mitteilten, soll sich ein Ministerausschuss am Sonntag mit einem Text namens „Gesetz über Groß-Jerusalem“ befassen.

Es sieht vor, jüdische Siedlungen im Süden und Osten von Jerusalem der Stadt einzugliedern. Stimmt der Ausschuss dem Gesetzesentwurf zu, könnte eine beschleunigte Behandlung durch die Knesset, das israelische Parlament, folgen. Katz, der Mitglied des Ministerausschusses ist, und Kish gehören der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanyahu an.

Hanan Ashrawi, eine führende Vertreterin der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, sagte, mit dem Gesetz würde die „Präsenz extremistischer jüdischer Siedler auf palästinensischem Boden legalisiert“. Außerdem bedeute es die „Vollendung der vollständigen Trennung“ zwischen Ost-Jerusalem, dem palästinensischen Teil der Stadt und dem Westjordanland. Hoffnungen auf einen unabhängigen Palästinenserstaat als Teil einer Zwei-Staaten-Lösung würden damit zunichtegemacht.

Zu den Siedlungen, die Jerusalem eingegliedert werden sollen, gehören der Siedlungsblock Maaleh Adumim, Beitar Illit, Gush Etzion sowie Efrat und Givat Seev. Katz zufolge würde sich die jüdische Bevölkerung Jerusalems dadurch um 150.000 Menschen vergrößern.

Die israelische Nichtregierungsorganisation Peace now erklärte, der Sinn des Gesetzes sei eine „de facto-Annexion“ durch Israel. Ähnlich äußerte sich der Anwalt und Friedensaktivist Daniel Seidemann. Er wies darauf hin, dass ein von Netanyahu 1998 unterstützter vergleichbarer Plan am Widerstand der internationalen Gemeinschaft gescheitert sei. Mit der jetzigen Rückendeckung durch US-Präsident Donald Trump fühle sich Netanyahu offenbar sicherer, sagte Seidemann der Nachrichtenagentur AFP.

In den vergangenen Jahren waren bestehende jüdische Siedlungen durch den Bau neuer Wohnungen immer weiter ausgeweitet worden. Derzeit leben rund 600.000 Siedler im seit 1967 besetzten Westjordanland und im von Israel annektierten Ost-Jerusalem. Ein Teil der Siedlungen wurde mit ausdrücklicher Genehmigung der Regierung errichtet, doch auch die sogenannten wilden Siedlungen werden von der Regierung weitgehend geduldet.

Die UNO betrachtet sämtliche Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten als illegal. International wird der israelische Siedlungsbau als eines der größten Hindernisse für eine dauerhafte Friedenslösung im Nahost-Konflikt angesehen, weil die Wohnungen auf Land errichtet wurden, das die Palästinenser für ihren Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt beanspruchen. Für die Gegenseite ist Jerusalem dagegen „die ewige, ungeteilte Hauptstadt des jüdischen Staats“.