1918/2018: Österreich feiert 100 Jahre Demokratie

Wien (APA) - Österreich feiert 2018 den 100. Geburtstag der demokratischen Republik. Ausgerufen wurde die Erste Republik nach dem Zusammenbr...

Wien (APA) - Österreich feiert 2018 den 100. Geburtstag der demokratischen Republik. Ausgerufen wurde die Erste Republik nach dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie am 12. November 1918. Langlebig war sie aber nicht: Schon 1933 setzte der christlichsoziale Kanzler Engelbert Dollfuß der Demokratie ein Ende, bevor der „Anschluss“ an Hitler-Deutschland Österreich für sieben Jahre von der Landkarte tilgte.

Ihren Geburtstag feiert die Republik mit einem Festakt in der Staatsoper am 12. November 2018. Wobei die Abschaffung der Monarchie bereits am 30. Oktober 1918 beschlossen wurde, vier Tage vor der Kapitulation der k. u. k. Armee im Ersten Weltkrieg. Offiziell unterzeichnete der letzte Kaiser Karl I. allerdings erst am 11. November seinen Amtsverzicht - tags darauf wurde auch die Republik ausgerufen.

Die Ära der großen zentral- und osteuropäischen Monarchien war damit endgültig vorbei: Das zaristische Russland war bereits 1917 zusammengebrochen, der Zerfall der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie hatte im Herbst 1918 begonnen - Slowenen, Kroaten und Serben bildeten am 6. Oktober einen eigenen Nationalrat, am 28. Oktober wurde in Prag die tschechoslowakische Republik ausgerufen, Ungarn folgte am 16. November - und in Deutschland setzten meuternde Matrosen Anfang November den Startschuss für die Revolution.

Auch in Österreich stimmten letztlich alle drei großen Lager für die Republik - sowohl Sozialdemokraten als auch Konservative und Deutschnationale. Linksradikale Rotgardisten verlangten zwar eine Räterepublik (wie später in Bayern und Ungarn), blieben aber politisch marginalisiert. Ausschreitungen vor dem Parlament forderten dennoch zwei Todesopfer.

„Staatskanzler“ wurde Karl Renner, dessen Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) die Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung im März 1919 klar gewann. Erstmals waren auch Frauen stimmberechtigt. Die lagerübergreifende Zusammenarbeit der großen Parteien hielt aber nicht einmal bis zur ersten regulären Nationalratswahl im Oktober 1920. Für die verbleibenden Jahre der Ersten Republik regierten die siegreichen Christlichsozialen gemeinsam mit den deutschnationalen Parteien.

Einig waren sich die politischen Lager allerdings in ihrem Wunsch nach dem Beitritt Österreichs zur ebenfalls neuen deutschen Republik. „Deutschösterreich ist eine demokratische Republik. Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volke eingesetzt“, hieß es im ersten Artikel des provisorischen Grundgesetzes (http://go.apa.at/8WUF2J9F) von 1918. Schon Artikel zwei begann mit: „Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik.“

An die Lebensfähigkeit des krisengeschüttelten Rumpfstaates - der Wirtschaftsraum der Monarchie war zerfallen, Hunderttausende Kriegsrückkehrer ohne Arbeit, deutschsprachige Gebiete in Südtirol und Böhmen lagen plötzlich jenseits der Grenze - glaubte keine der Parteien. Erst auf Druck der Alliierten, die im Friedensvertrag von St. Germain (10. September 1919) ein Anschlussverbot aussprachen, erfolgte die Umbenennung auf den heutigen Namen „Republik Österreich“.

Die Identitätskrise des jungen Staates blieb ungelöst, war aber letztlich nur eine von mehreren Ursachen für das Scheitern der Ersten Republik. Der Historiker Ernst Hanisch nennt in seinem Standardwerk über Österreich im 20. Jahrhundert („Der Lange Schatten des Staates“) vor allem die wirtschaftliche Stagnation nach dem Zerfall der Monarchie und der Weltwirtschaftskrise. Folge waren verschärfte Verteilungskonflikte. Wobei die Industrie auf einen autoritären Rückbau der zu Beginn der Republik gestärkten Arbeiterrechte drängte. Auch das faschistische Italien und die Heimwehren forderten eine autoritäre Wende.

Die Polarisierung zwischen den politischen Parteien und ihren „Wehrverbänden“ tat ihr übrigens. Die Spannungen entluden sich immer wieder in gewaltsamen Zusammenstößen - etwa beim Justizpalastbrand 1927. Der „Staatsstreich auf Raten“ (Hanisch) des christlichsozialen Kanzlers Engelbert Dollfuß führte über die Ausschaltung des Parlaments (1933) und den kurzen Bürgerkrieg (1934) schließlich in den autoritären Ständestaat. Vier Jahre später setzte der Einmarsch deutscher Truppen der Ersten Republik ein Ende.

2018 feiert die Republik daher nicht nur ihren 100. Geburtstag, sondern gedenkt auch dieser Schattenseiten der Geschichte: Mit dem 80. Jahrestag des „Anschlusses“ an Hitler-Deutschland im März und dem Gedenken an die Novemberpogrome des Jahres 1938 gegen die jüdische Bevölkerung. Damals wurden in Österreich 30 Juden getötet und Tausende in Konzentrationslager deportiert. Dazu kommt eine Reihe weiterer Jahrestage: Gedacht wird der gescheiterten Revolution des Jahres 1848, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 und des Prager Frühlings 1968.

( 1120-17, Format 88 x 114 mm)