1848/2018 - Revolution in Österreich

Wien (APA) - Letztlich war sie nicht erfolgreich - die Revolution in Österreich. Zumindest nicht unmittelbar, und nicht für jene, die an ihr...

Wien (APA) - Letztlich war sie nicht erfolgreich - die Revolution in Österreich. Zumindest nicht unmittelbar, und nicht für jene, die an ihr beteiligt waren. Der zunächst vom Bürgertum ausgehende Liberalisierungs- und Demokratisierungsdruck manifestierte sich 1848 in ganz Europa. Doch vorläufig siegte die Reaktion und übte in der Folge blutige Rache.

Dabei waren die Etappen-Erfolge des Freiheitsstrebens in Österreich erstaunlich: Der für sein Spitzelwesen verhasste Staatskanzler Metternich wurde davongejagt, der Hof von Kaiser Ferdinand I. flüchtete zweimal, nach Innsbruck und später nach Olmütz. Doch die revolutionären Kräfte der Bürger-, der Studenten- und der Arbeiterschaft fanden ebenso wenig zu einem schlagkräftigen Konsens wie die nationalen Bewegungen. Die Feldherren der Monarchie, die gegen das eigene Volk in die Schlacht zogen, behielten die Oberhand, doch die Ideen der Revolution - allen voran: demokratische Grundrechte und eine parlamentarische Verfassung - setzten sich langfristig durch.

Im Kaiserreich legte Lajos Kossuth, der am 3. März 1848 vor dem ungarischen Landtag in Preßburg in einer Rede die konstitutionelle Umwandlung der Monarchie sowie eigene Verfassungen für die österreichischen Länder forderte, die Lunte, die den Flächenbrand auslöste. Als die Rede zehn Tage später im Hof des Ständehauses in Wien verlesen wurde, kam es zu Tumulten und Demonstrationen, in denen Hochschul- und Pressefreiheit gefordert wurden. Nach einem Schießbefehl beklagte die Revolution die ersten Todesopfer. Der 74-jährige Staatskanzler Fürst Metternich, verhasste Symbolfigur des staatlichen Repressionssystems, floh nach England. Mit der Gründung der bürgerliche Nationalgarde und der „Akademischen Legion“ stellten auch die Revolutionäre bewaffnete Verbände auf.

Kaiser Ferdinand I. machte erste Zugeständnisse, zog es jedoch vor, vor den Unruhen nach Innsbruck zu flüchten und seinen Onkel, Erzherzog Johann, mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte zu betrauen. Unter seiner Führung konstituierte sich der - im Oktober ins mährische Kremsier verlegte - österreichische Reichstag in der Winterreitschule. Bald nach der Rückkehr des kaiserlichen Hofes eskalierten die Ereignisse erneut. Dabei entstand ein nicht kittbarer Riss in der revolutionären Koalition zwischen dem Bürgertum und der Arbeiterschaft, als die bürgerliche Nationalgarde Arbeiterunruhen in der „Praterschlacht“ blutig niederschlug. Karl Marx, der kurz darauf das revolutionäre Wien besuchte, versuchte in seinen Vorträgen vor den Arbeitervereinen vergeblich, das Bewusstsein für den notwendigen Klassenkampf zu wecken.

Die letzte Radikalisierungsstufe der Wiener 1848er-Revolution hatte neuerlich ihren Auslöser in Ungarn: Nachdem kaiserliche österreichische Truppen von Wien aus gegen das aufständische Ungarn ziehen sollten, wurde ihr Abmarsch von einer erregten Menschenmenge verhindert. Im Verlaufe der Erstürmung des Kriegsministeriums am Hof wurde Kriegsminister Graf Theodor von Latour von der Menge gelyncht und an einer Laterne aufgehängt. In den folgenden Straßenkämpfen gab es sogar im Stephansdom Opfer.

Nicht nur Kaiser Ferdinand I., der mit dem Hof nach Olmütz floh, auch viele Bürger verließen die Stadt, in der nach Plünderung des kaiserlichen Zeughauses die Radikalen die Macht übernahmen. Bald war klar, dass der Kaiser alle Hebel in Bewegung setzen werde, die Hauptstadt militärisch wiederzuerobern. Der Kroate Joseph Graf Jellacic und der kaiserliche Oberbefehlshaber Fürst Alfred zu Windisch-Graetz belagerten Wien, schlugen bei Schwechat einen ungarischen Entsatzversuch zurück und eroberten Ende Oktober in mehrtägigen Kämpfen, bei denen mehrere tausend Aufständische und über tausend Soldaten ums Leben kamen und die Hofburg in Brand geschossen wurde, die Stadt zurück.

Unter den zahlreichen in den Tagen danach hingerichteten Aufständischen befanden sich neben Nationalgardeoberkommandant Wenzel C. Messenhauser und den „Doktoren der Revolution“ Hermann Jellinek und Alfred Julius Becher auch der eigentlich unter Immunität stehende Frankfurter Paulskirchen-Abgeordnete Robert Blum.

Am 2. Dezember wurde schließlich mit der Abdankung von Kaiser Ferdinand I. und der Thronbesteigung seines achtzehnjährigen Neffen Franz Joseph das nächste Kapitel der österreichischen Monarchie aufgeschlagen.