TVB-Wahl in Kitzbühel:: „Sind nicht der Nabel der Welt“
Mike Mayr-Reisch und Sebastian Witzmann treten am 20. November bei der TVB-Wahl in Kitzbühel an. Die beiden sprechen im Interview über Versäumnisse, den Interski-Kongress und die „Anbetung der Asche“.
Kitzbühel — Sowohl Mike Mayr-Reisch als auch Sebastian Witzmann saßen in den vergangenen fünf Jahren im Aufsichtsrat von Kitzbühel Tourismus. Nun bringen sie sich als neue Führungskräfte ins Spiel — bei den Neuwahlen kandidiert Mike Mayr-Reisch als Obmann und Sebastian Witzmann als Aufsichtsratsvorsitzender. Die TT bat die beiden zum Gespräch.
Warum ist es Ihrer Meinung nach Zeit für einen Führungswechsel im TVB Kitzbühel?
Mike Mayr-Reisch: Wir haben in der Vergangenheit sicher viele Erfolge auf dem Tourismusmarkt gefeiert. Doch Kitzbühel ist nicht der Nabel der Welt und muss auf touristische Veränderungen, die derzeit passieren, reagieren. Die Stadt braucht deshalb etwas Junges und Innovatives, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Sebastian Witzmann: Wir können nicht hoffen, durch die Anbetung der Asche erfolgreich zu sein, wir leben vom Entfachen des Feuers.
Wie sehen Ihre Strategien aus, um Kitzbühel erfolgreich zu vermarkten?
Mayr-Reisch: Für uns ist es der falsche Ansatz, zu zweit eine Strategie auszurufen. Wir wollen keine „Two-Men-Show", sondern mit allen Beteiligten Gespräche führen, um Veränderungen zu erzielen. Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Diesen Gesprächen möchten wir nicht vorgreifen.
Witzmann: Wenn wir das nicht tun würden, hätten wir dieselbe Situation wie jetzt: Ein oder zwei Personen präsentieren ihre Meinung und keiner traut sich zu widersprechen. Wir möchten aber einen Diskurs auf breiter Basis.
Gibt es die Absicht, soziale Netzwerke vermehrt in die touristische Arbeit miteinfließen zu lassen?
Mayr-Reisch: Auf jeden Fall. Über soziale Netzwerke lässt sich auch gut eruieren, was auf dem Markt gerade erwünscht ist. Da hat Kitzbühel Nachholbedarf. Wir müssen aufhören, zu glauben, dass wir den Markt vorgeben. Wir müssen stattdessen das, was der Markt vorgibt, aufgreifen und umsetzen.
Laut Tirol Werbung liegt der TVB Kitzbühel tirolweit auf Platz 15, was die prozentuelle Auslastung im Winter 2016 angeht. Ein zufriedenstellendes Ergebnis?
Witzmann: Ich glaube, für eine Destination mit dem Anspruch, eine der besten der Alpen zu sein, ist das kein zufriedenstellendes Ergebnis. Ein Problem in diesem Zusammenhang ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste in Kitzbühel, die weit unter anderen vergleichbaren Destinationen liegt. Kitzbühel lebt in großen Teilen des Jahres von Donnerstag bis Sonntag. Wir müssen Kitzbühel mit einer klaren Urlaubskompetenz versehen und marktadäquate Produkte über das ganze Jahr hinweg platzieren, damit die Leute länger hier bleiben.
Auf der Suche nach potenziellen Wintergästen haben der TVB und die Bergbahn AG schon seit einigen Jahren den chinesischen Markt forciert. Wie viele chinesische Skifahrer sind bis dato nach Kitzbühel gekommen?
Witzmann: China als Skimarkt steckt in der Entwicklungsphase. Bis individualreisende Skifahrer aus China nach Kitzbühel kommen, dauert es bestimmt noch ein Jahrzehnt. Außerdem bleiben Chinesen aus Erfahrung nie länger als ungefähr drei Tage an einem Ort. Und wie schon erwähnt, wollen wir Gäste mit einer längeren Aufenthaltsdauer ansprechen.
Mayr-Reisch: Wenn man bedenkt, dass Japan seit vielen Jahren die drittgrößte Skination der Welt ist, aber fast keine japanischen Skigäste nach Kitzbühel gekommen sind, gibt es andere Märkte, die für den TVB interessant wären.
Interessant ist offenbar auch der Interski-Kongress 2023, für dessen Austragung sich Kitzbühel beworben hat. Was bringt diese Veranstaltung, bei der sich Skilehrer aus aller Welt treffen, dem Tourismus in Kitzbühel?
Witzmann: Die Entscheidung über die Bewerbung für den Kongress war im Aufsichtsrat eine knappe. Der Kongress wird circa zwei Mio. Euro kosten, das entspricht etwa dem 1,5-Fachen unseres Jahresbudgets für Marketing. Wir sollten uns diese Entscheidung nochmals genau anschauen und hinterfragen, was wir für diese Summe wirklich bekommen, eine transparente Kosten-Nutzen-Rechnung ist durchzuführen.
Was sagen Sie zur Kritik, dass Sie Entscheidungen des TVB bemängeln, die angeblich im Aufsichtsrat einstimmig beschlossen wurden?
Witzmann: Alleine, dass sechs von zwölf bestehenden Aufsichtsräten uns bei der TVB-Wahl unterstützen, zeigt, dass das Gremium nicht so harmonisch ist wie oft dargestellt. Von Einstimmigkeit waren wir bei den großen Entscheidungen oft meilenweit entfernt.
Das Interview führte Miriam Hotter.