Prozess

Steuerbetrug am Bau kam teuer

In der ersten Reihe des Schwurgerichtssaals nahmen neun Angeklagte vor ihren Verteidigern Platz.
© Fellner

Systematisch geplante Steuerhinterziehung am Bau schädigte die Republik um Millionen. Dafür gab es teils schon Gefängnis. Gestern setzte es noch empfindliche Finanzstrafen.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck –Dass sich in der Baubranche spätestens seit der Jahrtausendwende unseriös agierende Firmen breitgemacht haben, hat sich herumgesprochen. Auch beim Fiskus, der durch solche Machenschaften Millionenbeträge verliert. Vor gut sechs Jahren konnte dann in Tirol eine Familie aus dem Kosovo ausgeforscht werden, die ein ganzes Firmenkonstrukt zum Zweck der Steuerhinterziehung aufgebaut hatte. Nach weitreichendsten Ermittlungen durch Polizei, Finanz und Justiz ergingen über Teile der Sippschaft am Landesgericht bereits Gefängnisstrafen von bis zu dreieinhalb Jahren. Eine Überraschung dürften diese Strafen für die drei Erst­angeklagten indes nicht gewesen sein. Hatten sie doch nachweislich drei, 2,4 und eine Mio. Euro an Steuern hinterzogen.

Gestern am Landesgericht mussten sich jedoch nochmals nicht weniger als neun Angeklagte aus dem Beziehungsgeflecht dieser Kosovo-Connection im Schwurgerichtssaal verantworten. Denn auch wenn alle von ihnen bereits regulär wegen ihrer Machenschaften verurteilt worden waren, wartete nun das Finanzverfahren auf sie. Staatsanwalt Hannes Wandl umriss für die Schöffen das Vorgehen der Bau-Betrüger: „Hier haben wir es mit einem regelrechten System zum Sozialbetrug am Baugewerbe zu tun. Generalunternehmen vergeben Subaufträge an Bauunternehmer wie diese. Die Angeklagten meldeten ihre Arbeitnehmer aber wiederum selbst bei eigens gegründeten Scheinfirmen an oder zahlten ihre Löhne mit Schwarzgeld. So schienen die Arbeitnehmer bei Kontrollen am Bau zwar als ordnungsgemäß angemeldet auf, die Scheinfirmen gingen aber so schnell in Konkurs, dass bei diesen für die Republik nie etwas einbringlich war“, beschrieb der Ankläger ein von außen undurchsichtiges System aus Täuschen und Tarnen.

Ein System, für das es freilich auch reichlich kriminelle Energie benötigt – basiert es doch auch auf einer penibel getürkten Buchhaltung mitsamt dazugehörigen Scheinrechnungen. 56 einst involvierte Zeugen hatte Ankläger Wandl zur Beweisführung aufgeboten. Allein seine Anklage umfasste 113 Seiten.

So weit kam es aber gar nicht. Denn während man im Vorfeld teils über einen wochenlang dauernden Großprozess spekuliert hatte, bekannten sich im Schwurgerichtssaal alle neun Angeklagten in so einer eher seltenen Einigkeit „für schuldig laut Anklage“.

Schöffensenatsvorsitzende Verena Offer hörte es und nahm es wohlwollend zur Kenntnis. Als Lohn blieben den nunmehr Geständigen durch die (Anklage-)Bank weitere unbedingte Haftstrafen erspart. Die Finanzstrafen hörten sich aber trotzdem gesalzen an. So ergingen beispielsweise wiederum für die ersten drei Angeklagten zu zehn Monaten bedingter Haft zur Hälfte bedingte 660.000 Euro Geldstrafe, zu sechs Monaten bedingter Haft zur Hälfte bedingte 450.000 Euro Geldstrafe oder eine zur Hälfte bedingte Geldstrafe von 270.000 Euro.

Die Urteile wurden trotzdem allesamt angenommen. Staatsanwalt Wandl gab noch kein Erklären ab. In ihrem siebten Jahr dürfte eine der größten Bau-Finanzbetrügereien Tirols aber nun aufgearbeitet sein.

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