Jamaika-Unterhändler signalisieren Kompromissbereitschaft
Berlin (APA/dpa) - Vor dem Start in die entscheidende Phase der Sondierungen von Union, FDP und Grünen für eine Jamaika-Koalition in Deutsch...
Berlin (APA/dpa) - Vor dem Start in die entscheidende Phase der Sondierungen von Union, FDP und Grünen für eine Jamaika-Koalition in Deutschland haben Unterhändler Kompromissbereitschaft angedeutet. Dabei geht es um die bisher besonders umstrittenen Themen Migration sowie Klima- und Energiepolitik.
Am Montagabend wollen die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU), das Grünen-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie FDP-Chef Christian Lindner und sein Vize Wolfgang Kubicki zusammenkommen.
Sie wollen dabei eine Basis für die heiße Phase der Beratungen schaffen. Von Dienstag an sollen die Beratungen zu Fachthemen fortgesetzt werden. Angestrebt werden bis Mitte November konkretere Ergebnisse zu zentralen Themen, damit die vier Parteien über die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen entscheiden können.
Der deutsche Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter deutete im Streit über den Kohleausstieg Kompromissbereitschaft an. Er sagte der „Passauer Neuen Presse“, die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke müssten schnellstmöglich vom Netz, damit Deutschland das Klimaziel 2020 noch erreiche. „Entscheidend ist aber vor allem, dass insgesamt weniger Kohle verfeuert wird, um die CO2-Minderungsziele zu erreichen. Wir können den Klimaschutz auch durch strengere CO2-Grenzwerte oder die Drosselung der Produktion von schmutzigem Strom verbessern.“
FDP-Chef Christian Lindner hatte am Wochenende erneut Zweifel an der „physikalischen Machbarkeit grüner Energiepolitik“ angemeldet und umsetzbare Vorschläge gefordert. Am Montag plädierte die FDP erneut dafür, die deutschen Klimaschutzbemühungen zu verlangsamen. „Wir haben da ja vorgeschlagen, (...) uns mehr Zeit zu lassen, um Klimaziele zu erreichen. 2050 ist ja auch das Datum, um das es da eigentlich geht“, sagte Fraktionsvize Katja Suding.
Nach dem Pariser Klimaabkommen müssen die Teilnehmerstaaten unter anderem Einsparziele für Treibhausgase für das Jahr 2050 formulieren. Der Klimaschutz ist ein zentrales Streitthema zwischen Liberalen und Grünen in den Jamaika-Sondierungen mit CDU und CSU. Das deutsche CO2-Sparziel für 2020 gilt nach aktuellem Stand als nur noch schwer erreichbar.
Parallel zu den Jamaika-Sondierungen begann am Montag die Weltklimakonferenz in Bonn. Die nach Teilnehmerzahl bisher größte Konferenz auf deutschem Boden soll in den nächsten zwei Wochen einheitliche Regeln dafür erarbeiten, wie die einzelnen Länder ihren CO2-Ausstoß messen und angeben.
Neben der Klimapolitik ist etwa auch die Migrationspolitik besonders umstritten. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) deutete beim Thema Familiennachzug von Flüchtlingen aber Kompromissbereitschaft an. Dagegen machte CSU-Vize Christian Schmidt in der „Passauer Neuen Presse“ klar, dass seine Partei in dieser Frage nicht gesprächsbereit sei. Grünen-Fraktionschef Hofreiter beharrte in derselben Zeitung auf den Familiennachzug, zeigte sich jedoch in anderen Fragen der Flüchtlingspolitik flexibel.
Bei den Jamaika-Sondierungen waren bis vergangenen Freitag in einer ersten Sondierungsphase zwölf Themenkomplexe grob auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht worden. Dabei wurde klar, dass einige brisante Themen nur separat auf Chef-Ebene zu klären sind. Dazu gehören die Flüchtlingspolitik, der Klimaschutz und die Verkehrspolitik mit Weichenstellungen zur Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor.
Sollte es aufgrund eines Scheiterns der Jamaika-Sondierungen Neuwahlen geben, würde sich das Ergebnis einer Umfrage nach kaum vom Ergebnis der deutschen Bundestagswahl im September unterscheiden. CDU/CSU kommen der am Montag veröffentlichten Forsa-Befragung im Auftrag der Mediengruppe RTL zufolge auf 32 Prozent (deutsche Bundestagswahl 32,9). Die SPD erhielte 21 Prozent (20,5), die FDP 11 Prozent (10,7), die Linke 9 Prozent (9,2) und die AfD 12 Prozent (12,6). Lediglich die Grünen, die der Umfrage nach auf 10 Prozent kommen (8,9), würden mehr als einen Prozentpunkt hinzugewinnen.