Erdogan demnächst zu heiklem Besuch in Griechenland erwartet
Ankara/Athen (APA) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird demnächst zu einem heiklen bilateralen Besuch in Griechenland erwarte...
Ankara/Athen (APA) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird demnächst zu einem heiklen bilateralen Besuch in Griechenland erwartet. Umstrittene Themen sind dabei die nach wie vor ungelöste Zypernfrage sowie die Forderung Ankaras nach Auslieferung türkischer Militärs, die in Athen Asyl beantragt haben. Für Erdogan handelt es sich um Putschisten, die sich im Sommer 2016 nach Griechenland abgesetzt hätten.
Seit dem gescheiterte Putschversuch vom 15. Juli 2016 wurden in der Türkei zehntausende mutmaßlich Beteiligte inhaftiert. Die türkische Führung macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Militäraufstand verantwortlich und geht seitdem gegen angebliche Gülen-Anhänger aber auch gegen Oppositionelle vor. Menschenrechtsaktivisten werfen Erdogan vor, im Zuge der sogenannten Säuberungen generell Kritiker zum Verstummen bringen zu wollen.
Der Besuch Erdogans, der Ende November oder Anfang Dezember stattfinden soll, wurde vom stellvertretenden türkischen Premierministers, Hakan Cavusoglou vorbereitet. Cavusoglu hatte sich vor einigen Tagen mit dem Vizepräsidenten der griechischen Regierung, Yannis Dragasakis, getroffen. Die Tatsache, dass die griechischen Exporte ins Nachbarland zuletzt gestiegen seien, lasse die Lage in einem optimistischeren Licht erscheinen, analysierte Dragasakis.
Das schwierige Verhältnis zwischen den NATO-Partnern Türkei und Griechenland sorgt seit Jahrzehnten im östlichen Mittelmeer für Verunsicherung. Schon lange streiten Athen und Ankara um Hoheitsrechte in der Ägäis, für zusätzlichen Zündstoff sorgt der ungelöste Konflikt um das geteilte Zypern. Mehrmals standen Griechenland und die Türkei in den vergangenen Jahrzehnten an der Schwelle eines Krieges.
1967 und 1974 ging es um Zypern, 1976 und 1987 um Hoheitsrechte in der Ägäis. Zuletzt eskalierte 1996 der Streit um zwei Felseninseln des Dodekanes. Die Flotten der beiden Staaten standen sich damals feindlich gegenüber. Ein Krieg konnte nur dank einer diplomatischen Intervention der USA abgewendet werden. Immer wieder kommt es immer wieder im Luftraum über der Ägäis zu Scheinkämpfen zwischen türkischen und griechischen Kampfbombern. Athen meldete des öfteren mutmaßliche Verletzungen des griechischen Luftraums durch türkischen Jets.
Die Türkei protestiert ihrerseits dagegen, dass Griechenland und Ägypten in der Ägäis gemeinsames Marinemanöver durchführen. Eine neue Belastung für das Verhältnis stellte in den vergangenen Jahren die Flüchtlingsthematik dar. Da Griechenland EU-Mitglied ist, soll bei dem Besuch Erdogans auch die europäische Perspektive der Türkei erörtert werden.
Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und der Türkei ist seit langem angespannt. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der derzeit mit der FPÖ eine Regierungsbildung auszuhandeln versucht, bekräftigte immer wieder, dass die Türkei aus seiner Sicht „keinen Platz in der EU“ habe. Deswegen sei er „dafür, dass wir die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abbrechen und auch nicht Zahlungen an die Türkei leisten.“
So gehe es darum, dass bis 2020 aus dem Budget der EU mehr als vier Milliarden Euro an Vorbeitrittsleistungen zu zahlen seien. „Das sollte nicht stattfinden“, meinte Kurz Mitte Oktober bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.