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“Suburbicon“: Das mörderische Streben nach Glück

© Concorde

George Clooney erzählt in seiner Kinosatire „Suburbicon“ nach einem Drehbuch von Ethan und Joel Coen von einem Verbrechen aus Gier und Leidenschaft in der rassistisch aufgeladenen Ära der 50er-Jahre.

Von Peter Angerer

Innsbruck –Es gibt inzwischen kilometerweise Bücher über die Filmkomödie, aber wie sie genau funktioniert, kann noch immer niemand sagen. „Für diesen Gag lege ich meine Hand ins Feuer“ sagt ein Komiker natürlich nur, wenn ein Feuerlöscher in Reichweite ist. Als Ethan und Joel Coen 1984 mit ihrem ersten Film „Blood Simple“ die Komödie für sich entdeckten, setzten sie auf Grausamkeit, indem sie von den Schwierigkeiten erzählten, die einem Amateur begegnen, wenn er einen Mann töten will, der seinem Glück im Weg steht. Als ihm der Zufall und ein Profi zur Hand gehen, wird es noch schlimmer. Während der Profi das Ereignis abhakt, liegt auf der Seele des Anfängers eine schwere Last, die zu beschreiben ihm die Sprache fehlt. Außerdem rückt das Glück in weite Ferne, wenn ein Mord als blutiger Schatten über einer eventuellen Zukunft liegt.

Angespornt vom Erfolg dieser schwarzen Komödie schrieben die Coen-Brüder das Drehbuch zu „Suburbicon“ und drehten an der Schraube des komischen Schreckens. In einer anonymen Vorstadt der 50er-Jahre, als die Männe­r in ihren Autos am Morgen noch zu ihren Abenteuern aufbrachen, um ihre Familien ernähren zu können, die Kinder sich in kleinen Vorgärten mit Baseball vergnügten, die Frauen sich mit süßen Cocktails trösteten und aus dem Fernseher noch Schwarzweißbilder flimmerten, wird der amerikanische Traum gelebt. Seitdem seine Frau Rose nach einem von ihm verschuldeten Autounfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist, erkennt sich Gardner Lodge nicht mehr in diesem Traum, empfindet die Gelähmte nur noch „als Belastung“, zudem gibt es mit Margaret eine Zwillingsschwester, die keine Skrupel kennt und mit der sich ein von der Lebensversicherung finanziertes neues Glück erträumen lässt. Gardner engagiert zwei Schmalspurganoven, die sich neben ihrer Tätigkeit für den lokalen Busdienst mit kriminellen Aufträgen verbessern wollen. Die beiden Mörder geben sich aber nur den Anschein von Profis, und Gardner verfügt auch nicht eben über Erfahrung mit der Unterwelt, weshalb das Komplott eskaliert und die biedere Vorstadt sich in ein Schlachtfeld verwandelt.

Für die düstere Komödie fand sich allerdings kein Geldgeber, das Skript, das die Coens für andere Projekte plünderten, blieb liegen. Die beiden Nebenerwerbskiller tauchen etwa in „Fargo“ auf, die 50er-Jahre wurden außerdem zur Epoche des Verschweigens und der Dunkelheit, die die Coens in ihren Filmen am häufigsten aufsuchten – zuletzt in „Hail, Caesar“ mit George Clooney, der in diesem Film im Film als Star übermütig mit seinem Image spielen durfte. Als Regisseur begann Clooney damals an einem Projekt über die Bürgerrechtlerin Dais­y Myers zu arbeiten, die 1957 zu einer nationalen Berühmtheit geworden war, nachdem sie sich erfolgreich gegen den Rassismus der weißen Bewohner von Levittown gewehrt hatte. Der Idee folgend, ein privates Verbrechen unter einem politischen zu verstecken, verknüpft Clooney nun in „Suburbicon“ die Coen-Geschichte über das mörderische Streben nach Glück mit dem Beharren der weißen Mehrheit auf ihrer Überlegenheit, die zu Ausschreitungen und Zerstörung führt.

Am Anfang sitzen Rose und Margaret (Julianne Moore, grandios in einer Doppelrolle) auf der Veranda ihres Hauses und beobachten den Einzug der Myers’, der eine Bürgerversammlung notwendig macht. Die dumpfe Mehrheit hat nichts gegen Farbige, greift aber zu den Mitteln des Terrors, denn „die Neger sind noch nicht bereit für die Integration!“. Gardner (Matt Damon) möchte sich da nicht einmischen, da sein Plan Diskretion verlangt. Die beiden Geschichten weigern sich jedoch, in einem Film aufzugehen. In Erinnerung bleibt immerhin die Angewohnheit der Männer, den Hosenbund in Nabelhöhe festzumachen.

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